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Regierung fällt vor Konzernlobbyisten auf die Knie

Rede von Herbert Schui,

Der Entwurf zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes liegt jetzt schon seit mehr als einem Jahr vor. Schade dass der Verbraucherschutz von dieser Regierung immer wieder auf die lange Bank geschoben wird, bevor es zu Beschlüssen kommt. Wir hätten sicherlich gerne alle etwas länger gewartet, wenn in der Zwischenzeit noch grandiose Verbesserungen am Gesetz erfolgt wären; aber das ist ja nicht passiert.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Die vorliegen-den Änderungen gehen zum Teil in die richtige Richtung. Wenn beispielsweise Vermittlungsdiens-te für Gehörlose verpflichtend eingeführt werden und wenn der Abzockerei mit Telefonservicediens-ten endlich zumindest ansatzweise entgegengetre-ten wird, dann ist das zu begrüßen. Gerade Tele-fongespräche über die 0180-Vorwahl, die auch von öffentlichen Stellen benutzt wird, dürfen nicht zu teuer sein, wenn die Telefonrechnung keine bösen Überraschungen bringen soll. Schade ist aller-dings, dass die Bundesregierung so zaghaft han-delt, wenn es um den Schutz von Verbraucherin-nen und Verbrauchern geht. Noch schlimmer ist es, dass die Koalitionsfraktionen nur einen Tag vor der Beratung im Wirtschaftsausschuss den Entwurf der Regierung noch einmal entscheidend verschlech-tert haben. Dafür sollten Sie sich schämen, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Union.
Der Verbraucherzentrale-Bundesverband betont bereits seit langem, dass Preishöchstgrenzen für 0180er-Nummern einheitlich bei 10 Cent liegen müssten, um die Verbraucher vor Abzocke zu schützen. Die Bundesregierung hatte die Höchst-grenze für Telefonate aus dem Festnetz bei 14 Cent festgelegt und für Anrufe vom Handy - ohne triftige Begründung - sogar bei 28 Cent. Jetzt kommt die Große Koalition und erhöht die Grenze im Mobilfunk in letzter Minute noch einmal auf 42 Cent. Es ist klar, woher dieser Sinneswandel kommt; schließlich hatten die Telefonkonzerne im Vorfeld der Beratungen lauthals gejammert, sie würden bei Preisobergrenzen überhaupt keine Gewinne mehr machen. SPD und Union fallen ein weiteres Mal vor den Konzernlobbyisten auf die Knie - ein trauriges Bild.
Auch beim Schutz vor untergeschobenen Ver-trägen hätten Sie mutiger sein können, liebe Kolle-ginnen und Kollegen von Union und SPD. Zu Recht beklagen ja auch Sie, dass unseriöse Unterneh-men den Telefonvertrag von Verbrauchern zum Teil ohne deren Wissen abändern lassen. Warum verlangen Sie aber in Ihrem Gesetz bei der Betrei-bervorauswahl nur Textform und nicht Schriftform, also eine eigenhändige Unterschrift des Telefon-kunden? Wenn ein Kunde wirklich seinen Vertrag ändern oder zu einem anderen Anbieter wechseln will, so sollte er das selbst mit seiner Unterschrift bestätigen - nur so ließe sich Missbrauch wirklich ausschließen.
Dennoch: Kleine Verbesserungen sind besser als gar keine. Deshalb wird Die Linke Ihr Gesetz nicht ablehnen, sondern sich enthalten.