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Monopolkommission erfüllt ihren gesetzlichen Auftrag nicht

Rede von Johanna Regina Voß,

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir debattieren heute über das 19. Hauptgutachten der Monopolkommission. Die soll einen funktionsfähigen Wettbewerb schützen und Verstöße dagegen aufdecken, also Monopole verhindern und Tendenzen dahin und unlauteren Wettbewerb frühzeitig aufdecken.

Das Gutachten liegt seit Juli 2012 vor.

Eine ernsthafte, dringend notwendige Debatte über die Inhalte so nah am Ende der Legislatur ist allerdings unwahrscheinlich. Damit wird eine fundierte Diskussion zur Arbeit der Monopolkommission zur Wettbewerbspolitik, zur Unternehmenskonzentration und zum Wettbewerbsrecht unmöglich. Sie wird ja auch von der Regierungskoalition nicht gewünscht!

Das überrascht erst mal!

Wo doch die Koalitionsparteien den Begriff „Wettbewerb“ zu jeder Gelegenheit bemühen, um ihre Politik zu begründen. Minister Rösler gelingt das in einer 15 Minuten-Rede im Wirtschaftsausschuss glatt 30 mal!

Nun wissen wir natürlich auch, dass dieser Begriff sehr flexibel eingesetzt wird und damit alles und nichts begründet werden kann. Massive Subventionen zu verteilen und staatliche Garantien zu geben – man etwa denke an 60 Jahre massive Förderung der Atomkraft. Keine Kritik!

Bei den Erneuerbaren Energien und dem EEG - im Verhältnis zur Atomförderung ein verschwindend kleiner Bruchteil - wird keine Gelegenheit zu Diffamierung und Behauptung der Wettbewerbsverzerrung ausgelassen.

Keiner wird bestreiten, dass man Wettbewerbsfragen erst beurteilen kann, wenn man einigermaßen sicher die Situation auf den Märkten überblickt.

Genau dafür gibt es das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung. Es bestimmt, dass die Monopolkommission eine valide gesamtwirtschaftliche Konzentrations-Berichterstattung vorlegen muss.

Von dieser Pflicht hat sie sich nun selbst befreit.

Das ist ein Skandal!

Im Anhang hat sie eine rechnerisch fehlerhafte CD in einem nicht weiterverarbeitungsfähigen Format beigefügt. Auch das genügt dem gesetzlichen Anspruch nicht.

Und die Bundesregierung hat das akzeptiert und sich zu eigen gemacht!

In ihrer Stellungnahme spricht sie sich für die Einstellung der gesamtwirtschaftlichen Konzentrations-Berichterstattung aus! Und das ohne überzeugende rechtliche oder sachliche Gründe!

Weder Monopolkommission noch Bundesregierung sind berechtigt, die Berichterstattung fallen zu lassen. Das entspricht nicht dem Gesetzesauftrag!

Die Bundesregierung verweist auf branchen- und themenspezifische Einzelanalysen. Sie sollen die Gesamtanalyse ersetzen. Das ist es aber nicht!

Branchenwirtschaftliche Analysen können die Gesamtanalyse bestenfalls ergänzen, aber nicht ersetzen.

Und es ist klar:

Die Abgrenzung nach Güter- und Wirtschaftsbereichen über die amtliche Statistik ist nicht eins zu eins übertragbar auf die Marktabgrenzung. Das ist für die Bunderegierung offenbar ein unüberwindbares Problem!

Doch diese Problematik ist seit Gründung des Statistischen Reichsamtes von 1918 bekannt. Auch gibt es schon längst Lösungsvorschläge dazu! Es mangelt der Bundesregierung an Interesse hier Abhilfe zu schaffen.

Außerdem hat die Monopolkommission die notwendige Datenbasis vor Jahren schon reduziert – Man möchte sagen: willkürlich.

Damit wird der gesetzliche Auftrag seit dieser Zeit nicht mehr erfüllt: nicht im aktuellen Bericht, nicht 2008 und auch nicht 2010!

Die so reduzierte Datenlage führt zwangsläufig zu unzureichenden und sogar falschen Ergebnissen über die Konzentration und Verflechtung von Unternehmen und deren Marktmacht.

So wird etwa die Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel der 10 größten Unternehmen mit 65% angegeben. Tatsächlich beläuft sich deren Marktanteil nach allen zugänglichen Quellen bereits auf rund 90%!

Das geht so nicht!

Die genauen Ergebnisse der sogenannten Vergleichsrechnung werden von Monopolkommission und Bundesregierung gegenüber Parlament und Öffentlichkeit sogar geheim gehalten.

Doch die Monopolkommission ist eben nicht – wie sie auf ihrer Internet-Seite schreibt:

ein unabhängiges Beratungsgremium für die Bundesregierung.

Nein! Laut Gesetz sind die Adressaten der Gutachten die gesetzgebenden Körperschaften, die Bundesregierung und die Öffentlichkeit!

Wenn die Bundesregierung wirklich Gefahren für den Wettbewerb verhindern will, ist eine gesamtwirtschaftliche Konzentrations-Berichterstattung grundlegend!

Das ist die Kernaufgabe einer Monopolkommission! Und die muss erfüllt werden!

Dazu braucht es mehr Mittel und mehr Personal, mehr kritischen Sachverstand durch eine neue Zusammensetzung der Monopolkommission oder eine ganz andere Institution.

Wir brauchen eine fundierte gesamtwirtschaftliche Konzentrations-Berichterstattung!

Aber ein Auftragsgutachten des Wirtschaftsministeriums sagt: „Wir raten davon ab, dass die Monopolkommission im gegebenen institutionellen Rahmen die KBE - also die Konzentrationsberichterstattung - zu einem branchenübergreifenden Indikatorensystem zur Aufdeckung von Wettbewerbsverstößen ausbaut. Fraglich ist zudem, ob ein solches System ordnungspolitisch wünschenswert ist.“

Sie wollen keinen fairen Wettbewerb!

Stimmen sie für unseren Entschließungsantrag!

Aber dazu bräuchte es einen Paradigmenwechsel weg von dem früheren extremen Wettbewerbskonzept der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts der Chicago School! Dem sind sie verhaftet.

Kommen Sie endlich in der neuen Zeit der Erneuerbaren Energien an!