Rede vor dem Plenum des Deutschen Bundestages am 8. März 2007 zur Menschenrechtslage in Usbekistan (TOP 13), Bezug nehmend auf den Antrag der FDP („Menschenrechte in Usbekistan einfordern“, Drs. 16/225) und den Antrag der Grünen („Menschenrechte in Usbekistan einfordern“, Drs. 16/1975)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!Ich möchte es noch einmal in Erinnerung rufen: Am 13. Mai 2005 ließ das usbekische Innenministerium in der Stadt Andischan eine Demonstration von Zehntausenden abriegeln. Die Bevölkerung solidarisierte sich mit 23 Män-nern, denen ein unfairer Prozess wegen eines angeblichen Umsturzversuches gemacht wurde. Aus anfänglichen Mahnwachen wurden bald große, friedliche Demonstrationen gegen Rechtswillkür. Nach Berichten von Am-nesty International fuhren an diesem 13. Mai immer wieder gepanzerte Militärfahrzeuge vor, aus denen heraus auf die Menge geschossen wurde. Dieses brutale Vorgehen forderte einige Hunderte Tote.
So wurde der Menschenrechtsverteidiger Sainabitdinow zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Er hatte nach dem Massaker von Andischan den ausländischen Journalisten blutige Kinderschuhe gezeigt und somit bewiesen, dass auf Kinder geschossen wurde.
Mutabar Tadschibajewa, die Vorsitzende einer bekannten usbekischen Menschenrechtsorganisation, wurde zu acht Jahren Haft verurteilt. Ihr Verbrechen bestand darin, dass sie auf einer internationalen Konferenz in Dublin von den Ereignissen in Andischan berichten wollte. Ich denke, dass ich für alle hier versammelten Abgeordneten spreche, wenn ich anlässlich des Internationalen Frauentages Frau Tadschibajewa unsere solidarischen Grüße sende.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Auch sonst!)
Die vorliegenden Anträge fordern zu Recht von der Bundesregierung ein energisches Eintreten zur Aufklärung dieser Vorgänge. Das findet die Zustimmung der Linken. Aber die Bundesregierung sagt das eine und tut etwas anderes. Es ist gut, wenn Außenminister Steinmeier auf seiner Zentralasienreise Tamara Tschikunowa, die in Usbekistan die Organisation „Mütter gegen Todesstrafe und Folter“ leitet, öffentlich die Hand schüttelt.
Leider steht dieser Akt im Widerspruch zu der nicht ganz so öffentlich betriebenen Kooperation mit dem Regime. Trotz der EU-Sanktionen, die die militärische Zusammenarbeit mit der Diktatur in Taschkent streng untersagen, unterhält die Bundeswehr einen eigenen Stützpunkt im usbekischen Termes. Der Ausbau dieses Stützpunktes ist nach dem Massaker von Andischan mit deutschen Steuergeldern in Höhe von 10 Millionen Euro sogar noch vorangetrieben worden.
Selbst die Vereinbarung über die Ausbildung von usbekischen Streitkräften ist nicht ausgesetzt worden. Als Gegenleistung erhielt der politisch Hauptverantwortliche für das Massaker von Andischan, Innenminister Almatow, im Dezember 2005 ein Visum für die Einreise nach Deutschland und wurde hier großzügig medizinisch versorgt.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege, ich muss Sie jetzt fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Haibach genehmigen.
Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE):
Selbstverständlich.
Holger Haibach (CDU/CSU):
Herr Kollege Aydin, wären Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass ein Großteil der auf dem Militärstützpunkt in Termes stationierten Truppen inzwischen schon nach Masar-i-Scharif verlegt worden ist oder in Kürze verlegt wird?
Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE):
Herr Kollege Haibach, das ändert nichts an der Tatsache, dass dieser Stützpunkt weiterhin in Betrieb ist und einige Soldaten weiterhin dort tätig sind.
(Beifall bei der LINKEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir erfuhren im April letzten Jahres im CIA-Untersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments, dass die deutsche Botschaft in Taschkent in Geheimdienstbelangen mit dem Regime zusammengearbeitet hat. Wer so handelt, verliert jede Glaubwürdigkeit. Ich sage es noch einmal: Die Bundesregierung fordert von den Ländern in der Dritten Welt die Einhaltung der Menschenrechte, was wir natürlich unterstützen. Doch sie kooperiert mit einer usbekischen Regierung, die auf die eigene Bevölkerung schießen lässt. Und warum das alles? Die Bundeswehr erläutert auf ihrer Homepage - Herr Haibach, hören sie zu! -:
Gäbe es die Nachschub-Basis der Bundeswehr im usbekischen Termez nicht, dann könnten die deutschen Soldaten in Afghanistan in kürzester Zeit einpacken.
Die Katze ist aus dem Sack! Es geht augenscheinlich um politische Einflusssphären und nicht zuletzt um wirtschaftliche Interessen.
Ich sage: Deutsche Truppen haben in Afghanistan genauso wenig verloren wie ein usbekischer Innenminister mit Blut an den Händen in Deutschland.
(Beifall bei der LINKEN - Zuruf des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Die Linke fordert die Bundesregierung auf: Beenden Sie endlich die Kumpanei mit diesem Regime in Taschkent und machen Sie den Bundeswehrstützpunkt in Termes gänzlich dicht.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der LINKEN)