Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Ergebnis der Großen Anfrage der Fraktion der Grünen kann man in einem Satz zusammenfassen: In Sachen Atomendlager gibt es nichts Neues. Aber das kennen wir auch aus eigener Erfahrung mit unseren Fragen an die Regierung, die wir im Interesse der besorgten Bürgerinnen und Bürger stellen. Der beliebteste Antwortsatz lautet - Frau Künast hat ihn eben zitiert -: "Die Bundesregierung beabsichtigt, die Lösung der Endlagerung zügig und ergebnisorientiert anzugehen."
(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)
Wie lange sollen wir uns das noch anhören? Fangen Sie endlich an! Ich hoffe, Herr Gabriel, dass Sie es nicht auf die lange Bank schieben.
(Beifall bei der LINKEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, mit Ihrem Antrag arbeiten Sie zurzeit die Versäumnisse in Ihrer eigenen Regierungszeit auf. Das sei kurz zur Erinnerung gesagt; es ist schon angesprochen worden. Wesentlich schöner wäre es gewesen, wenn wir heute ein Suchkonzept für ein Endlager diskutieren könnten.
Jetzt zu Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP. Sie gehen ganz anders an das Thema heran. Sie machen eine Reise in die Vergangenheit und wollen den Atommüll in vorhandene Löcher kippen - mit Vorstellungen über Endlager, die 30 Jahre alt sind. Das hat der Minister eben noch einmal sehr deutlich gemacht. Eine Vorfestlegung auf Gorleben und Schacht Konrad ist nicht nur unsachlich, sondern meiner Meinung nach in der Form auch völlig unverantwortlich.
(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])
Mit einem schlüssigen Endlagerkonzept wäre uns womöglich Schacht Konrad erspart geblieben. Ich bin froh, dass eben vollständig zitiert wurde, was das Bundesamt für Strahlenschutz wirklich gesagt hat: Man weiß nicht, ob Gorleben geeignet oder nicht geeignet ist. Was Schacht Konrad betrifft, müssen die Anwohner zurzeit alleine für ihr Recht kämpfen. Ich will aber nicht, dass bei Gorleben das Gleiche passiert, weil keine Alternativen vorgelegt werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Statt Antworten zu bekommen, beobachten wir seit Monaten ein eigenartiges Spiel. Zuerst erfolgt der Aufschlag von Minister Gabriel: Atomausstieg. Dann kommt die Rückhand von Minister Glos: Ausstieg vom Ausstieg. Zudem haben wir zahlreiche Zaungäste - zumeist aus Hessen und Bayern -, die weitere Bälle aufs Spielfeld werfen. RWE und Co. wollen derweil neue Spielregeln. Aber eines übersehen Sie bei diesem Zirkus, meine Damen und Herren von der großen Koalition: Die Menschen in Deutschland haben Anspruch auf eine Antwort auf die Frage, wie es denn nun mit dem Atomausstieg weitergehen soll.
(Beifall bei der LINKEN)
Zur Erinnerung: Die überwältigende Mehrheit in Deutschland lehnt die unbeherrschbare Atomenergie ab.
(Horst Meierhofer [FDP]: Das hat nichts mit der Endlagerfrage zu tun!)
- Wieso hat das nichts mit der Endlagerfrage zu tun? Sie werden gleich verstehen, was es damit auf sich hat.
Wie gesagt, die überwältigende Mehrheit der Menschen in der Bundesrepublik Deutschland lehnt die unbeherrschbare Atomenergie ab. Daran ändert auch der Populismus der Atomstromlobby in diesem Hause und außerhalb nichts. Die Menschen sind ja nicht dumm. Ein Blick auf die Stromrechnung zeigt ihnen: Trotz abgeschriebener Kraftwerke ist Energie so teuer wie nie zuvor. Die Konzerne hingegen machen mit jedem Atommeiler pro Jahr 300 Millionen Euro Gewinn. Mit den Atomkraftwerken sichern RWE, Vattenfall und Co. ihre kartellartige Stellung ab. Tatsache ist: Atommeiler können nur in monopolartigen Strukturen und mit Subventionen betrieben werden. Unter diesen Bedingungen ist Atomstrom aber teuer, wie jeder Stromkunde sieht. Echter Wettbewerb ist Gift für die Atomlobby.
Wer sich bei der Nutzung der Atomenergie auf den Klimaschutz beruft, der hat in der Tat fachliche Probleme mit diesem Thema. Im Emissionshandel gibt es festgelegte Obergrenzen für den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen. Laufzeitverlängerungen bringen also im Hinblick auf den Klimaschutz gar nichts, weil die Energieversorger eine festgelegte Menge CO2 ausstoßen dürfen. Das werden sie - nebenbei gesagt - auch tun. Der Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie ist der einzig gangbare Weg und grundlegende Voraussetzung, um das Endlagerproblem anzugehen.
Wenn ich zu Hause meine Badewanne voll laufen lasse, drehe ich den Wasserhahn zu, bevor die Wanne überläuft.
(Otto Fricke [FDP]: Was machen Sie, wenn die Wanne schon voll ist?)
- Dann drehe ich den Wasserhahn ebenfalls zu. Aber das verstehen Sie leider nicht.
Wir können nicht weiter giftigen Strahlenmüll erzeugen, obwohl uns klar ist, dass es über Jahrtausende keine Sicherheitsgarantien für hoch radioaktiven Strahlenmüll gibt.
(Beifall bei der LINKEN)
Kein Mensch weiß, wie sich die Bedingungen in einem Endlager über so lange Zeiträume verändern. Die Festlegung einer solchen Lagerstätte ist eine gewaltige gesellschaftliche Aufgabe. Die Zeit bis 2030 wird bei der Umsetzung schneller vergehen, als uns lieb ist. Deshalb erfüllt es uns mit großer Sorge, dass sich die Bundesregierung noch immer nicht in der Lage sieht, grundsätzliche Fragen das Endlager betreffend zu beantworten. Wir sollten uns ernsthaft fragen, warum sich die Regierung vor der Beantwortung der Fragen nach Transparenz, Ergebnisoffenheit und Öffentlichkeitsbeteiligung drückt.
Ich sage Ihnen: Es geht hier nicht um einen Geräteschuppen, sondern um ein Endlager für hoch radioaktiven, giftigen und gefährlichen Atommüll.
Danke schön.

Keine Vorfestlegung bei der Endlagersuche!
Rede
von
Hans-Kurt Hill,