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Keine Tränen für die Wett-Lobby

Rede von Gesine Lötzsch,

Gesine Lötzsch fordert in ihrer Rede, das staatliche Wettmonopol entgegen des FDP-Antrags zu erhalten. Dass die Liberalen in diesem Punkt zugunsten der Wett-Lobby "den Zustand rechtlicher Unsicherheit" abschaffen will - "das ist...eines Rechtsstaates nicht würdig und für die Betroffenen schlichtweg unzumutbar" - findet sie angesichts der Rechtsunsicherheit Millionen Beschäftigter in prekären Arbeitsverhältnissen bemerkenswert.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das FDP-Präsidium hat im September den Bundesrat aufgefordert, eine län-derübergreifende Arbeitsgruppe zur Erarbeitung einer marktwirtschaftlichen Neuordnung des Sportwettenrechts einzusetzen. Der Bundesrat ist der Forderung des FDP-Präsidiums offensichtlich nicht gefolgt. Aber ich kann Sie trösten, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP: Der Bundesrat folgt auch nicht immer den Aufforderungen unseres Parteivorstandes.
(Detlef Parr [FDP]: Das hätte auch noch gefehlt!)
So weit sind wir mit dem Linksruck in unserem Land doch noch nicht.
(Beifall bei der LINKEN - Dr. Peter Danckert [SPD]: Gott sei Dank!)
Der Staatsvertrag wurde von allen Ländern unterzeichnet. Die FDP, die in drei Bundesländern an der Regierung beteiligt ist, hat diesem Staatsvertrag in allen drei Ländern zugestimmt. Hier haben Sie also ein Glaubwürdigkeitsproblem, meine Damen und Herren von der FDP. Eigentlich müssten Sie Ihren Antrag in Anbetracht der Entscheidung Ihrer Parteikollegen in den Ländern still und leise zurückziehen.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Dr. Peter Danckert [SPD]: Das stimmt!)
- Danke schön.
In Ihrem Antrag fordern Sie, das staatliche Wettmonopol zu verscherbeln, weil Ihnen die Wettlobby im Nacken sitzt und das ganz große Geschäft wittert. In Deutschland liegt der Wettspieleinsatz pro Kopf bei 33 Dollar, in Großbri-tannien bei 627 Dollar und in Hongkong sogar bei 1 848 Dollar. Da verstehe ich natürlich, dass in den Augen der Lobbyisten die Dollarzeichen nur so blitzen. In Deutschland kann man einen zweistelligen Milliardenbetrag erwirtschaften, wie eine Studie des Kölner Institutes Sport + Markt prognostiziert hat. Leider steht dem nur noch - so klagen die Wettlobbyisten - das staatliche Wettmonopol im Wege. Wir sagen: Das ist richtig und gut so.
(Beifall bei der LINKEN)
Als Wolf im Schafspelz kommt die FDP daher, wenn sie in ihrem Antrag die Kriterien für die Vergabe von Konzessionen streng formuliert, zum Beispiel persönliche Zuverlässigkeit, fachliche Eignung, effektiver Jugendschutz usw.
Bemerkenswert finde ich die Formulierung in einer FDP-Presseerklärung, dass - ich zitiere - „der Zustand rechtlicher Unsicherheit … eines Rechtsstaates nicht würdig und für die Betroffe-nen“ - gemeint ist die Wettlobby - „schlichtweg unzumutbar ist“.
Solch einen Satz habe ich noch nie von der FDP gehört, wenn es um die zunehmende rechtliche Unsicherheit von Millionen von Beschäftigten geht, die durch prekäre Arbeitsverhältnisse in immer schlimmere Lebenslagen gedrängt werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Tränen, die Sie für die Wettlobby vergießen, lassen 99 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land kalt, und das zu Recht.
Wir als Linke sehen im staatlichen Wettmonopol die beste Voraussetzung, um die von Ihnen aufgeschriebenen Kriterien - die wohl allerdings nicht ganz ernst gemeint sind - zu erfüllen.
(Detlef Parr [FDP]: Es wäre ja auch ein Wunder, wenn das nicht so wäre!)
Eine Kommerzialisierung macht nur die Wettbüros reich und treibt die Menschen in die Arme von Zockern, denen das Schicksal der Spielerinnen und Spieler gleichgültig ist.
(Detlef Parr [FDP]: Bei Sportwetten? Das müssen Sie mir mal erklären!)
Ich bin keine Freundin von Glücksspielen, weil ich mehr Menschen kenne, die durch Glücksspiel unglücklich geworden sind, als Menschen, die dadurch glücklich geworden sind.
Wir als Linke lehnen den Antrag der FDP ab und gehen davon aus, dass die Bundesregierung das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nutzt, um die Wettsucht konsequent zu bekämpfen und illegale Wetten weit intensiver als bisher zu verfolgen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)


Rede am 8.11.07 im Deutschen Bundestag