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IT-Forschung als Wachstumsimpuls für Deutschland

Rede von Lothar Bisky,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Die Koalition hat das Thema CeBIT auf die Tagesordnung gesetzt, um ihre Politik, auch die IT Forschungspolitik, in einem günstigen Licht erscheinen zu lassen. Das sei Ihnen unbenommen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Gestatten Sie mir aber,

(Jörg Tauss (SPD): Kein Aber! Kein Aber!)

dass ich drei Wermutstropfen in den Wein gießen werde.

Erstens: Die milliardenschwere Forschung der Informations- und Kommunikationstechnologien durch die Bundesregierung erfolgt als industriegeführte Forschung. Die Industrie bestimmt im Wesentlichen die Forschungsziele ebenso wie die Mittelverwendung. Bei der berüchtigten deutschen Suchmaschine Theseus wurde die Projektführung ohne öffentliche Ausschreibung an die Bertelsmann-Tochter Empolis vergeben. So eine Projektführung ist aus unserer Sicht nicht in Ordnung.

(Beifall bei der LINKEN)

Hier hört man, dass maßgebliche Firmen der deutschen Internetwirtschaft ebenso wenig einbezogen wurden wie auf diesem Feld führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Ein Prinzip der industriegeführten IT-Forschung ist seitens der Bundesregierung, für die aus den Forschungsvorhaben gewonnenen Patente und Nutzungsrechte keinerlei Auflagen zu machen. Hier gilt offenbar: Die Kosten für Forschung und Entwicklung sind gesellschaftliche Kosten. Später anfallende Verwertungsgewinne sind privatwirtschaftliche Gewinne. IT-Forschung ist nach dem Verständnis der Bundesregierung daher vorrangig ein Programm zur Subventionierung von Informations- und Kommunikationstechnologie in ausgewählten Anwendungsbereichen, vor allem Automobilbau, Telekommunikation, Logistik und Medizintechnik.

(Jörg Tauss (SPD): Da sind wir uns einig!)

Darauf allein, Herr Tauss, lässt sich die Basis für eine Informations- und Wissensgesellschaft nicht gründen.

(Jörg Tauss (SPD): Richtig!)

Da sind wir uns einig. Die Träger der Informations- und Wissensgesellschaft sind ihre kreativen, innovativen Köpfe.

(Jörg Tauss (SPD): Richtig!)

Die Basis für eine Informations- und Wissensgesellschaft bildet die Ausbildung solcher kreativen, innovativen Köpfe. Den Hochschulen kommt auf diesem Feld eine wichtige, wenn nicht entscheidende Aufgabe für die Zukunft zu. Ihnen muss daher nicht nur die Forschungshoheit und die Forschungsautonomie im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien zurückgegeben werden, sondern es sind auch ausreichend Mittel für Forschung und Lehre bereitzustellen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens: In der Informations- und Wissensgesellschaft bilden Information und Kommunikation zunehmend Schlüsselressourcen. Dem Zugang zur technologischen Infrastruktur digitaler Kommunikation kommt eine ähnlich große Bedeutung zu wie der Herrschaft über informationelle Knoten und Schnittstellen im Kommunikationsnetzwerk. Der Zugang zum Internet als Zugang zu Kommunikation und Information von Gesellschaften berührt daher Grundfragen demokratischer Beteiligung. Ein Breitbandinternet für alle ist heute eine demokratische Notwendigkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu muss Breitbandinternet in ganz Deutschland bereitgestellt und die bestehende Breitbandlücke im ländlichen Raum geschlossen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Bundesregierung hat bislang nichts unternommen, um die Telekommunikationskonzerne zum Ausbau ihrer Netze in ländlichen Gebieten zu drängen. Dabei gäbe es wirksame und für die öffentliche Hand günstige gesetzgeberische Möglichkeiten, Druck auszuüben und dadurch die Breitbandlücke zu schließen. Ich nenne nur die Ausdehnung des Universaldienstes auf Breitbandanschlüsse im deutschen Telekommunikationsgesetz und die Einbeziehung von Breitbandinternet in die europäische Universaldienstrichtlinie.

Drittens: Auch die Informations- und Wissensgesellschaft hat Rechenschaft abzulegen über den Energieverbrauch und den Verbrauch natürlicher Ressourcen. Die Computerindustrie selbst erkennt zunehmend die Notwendigkeit effizienter und energiesparender Computer und unternimmt erste Bemühungen, die Energieaufnahme zu mindern. Vor allem Betreiber großer Rechenzentren und Serverfarmen stellen zunehmend hohe Anforderungen an den Energieverbrauch ihrer Computersysteme. Das ist zu begrüßen. Nicht umsonst gibt es „Green IT“, ein Schwerpunktthema der CeBit. Aber Maßnahmen dieser Art allein reichen nicht aus.

Ich komme zum Schluss. Wir brauchen dringend ein gesetzlich verpflichtendes Energielabel für Computer.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben dazu in dieser Woche einen Antrag in den Deutschen Bundestag eingebracht. Machen Sie mit beim Stromsparen am PC! Ich bedanke mich.

(Beifall bei der LINKEN)