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Gesunde Wirtschaftspolitik statt graziler Ausreden

Rede von Michael Schlecht,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Deutschland hat im Jahr 2015 im Wert von 230 Milliarden Euro mehr Waren und Dienstleistungen exportiert als importiert. Mit einer gesunden Wirtschaftspolitik hat dieser Außenhandelsüberschuss nichts, aber auch gar nichts zu tun. Das Wohl der hiesigen Wirtschaft und der Beschäftigten hängt damit viel zu sehr an einer Entwicklung, die hierzulande gar nicht beeinflusst werden kann. Ob in China ein Reissack umfällt, ist für die hiesige Entwicklung längst wichtig geworden, und er ist umgefallen. Dass dies zu keinem wirklich gravierenden Problem geworden ist, hängt nur damit zusammen, dass es momentan einen Boom von Exporten in die USA gibt. Aber was ist, wenn dieser Boom endet und sich kein Ersatz findet? Unsere Wirtschaft ist also viel zu exportlastig. Wir müssten viel stärker auf die Binnennachfrage setzen.

 

Der Leistungsbilanzüberschuss, der zusätzlich zum Außenhandelsüberschuss auch noch Vermögensübertragungen und Ähnliches beinhaltet, ist 2015 sogar um 250 Milliarden Euro gestiegen. Das sind 8,5 Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt. Damit verletzt Deutschland die sonst so hoch gehaltenen Regularien. Das ist schon wirklich ein starkes Stück in diesem Land.

Diesem Vorwurf begegnet die Bundesregierung im Nationalen Reformprogramm lediglich mit diversen grazilen Argumentationen und sagt, weshalb das alles gar nicht so schlimm ist. Interessant ist aber, dass die Bundesregierung dieser Kritik vonseiten der EU-Kommission in diesem Bericht weiten Raum einräumt und versucht, das zu wiederlegen. Das gelingt aber nicht. Hier bricht Deutschland EU-Regeln.

 

Diese Leistungsbilanzüberschüsse Deutschlands sind nur möglich durch eine zunehmende Verschuldung anderer Länder. Das ist das entscheidende Problem. Die Bundesregierung erklärt immer wieder, wie wichtig es ist, ausgeglichene Haushalte zu haben, keine Schulden zu machen, aber sie betreibt eine Wirtschaftspolitik, die darauf angelegt ist, dass andere Länder sich verschulden, zum Teil sogar massiv.

 

Eines Tages werden diese Länder - das ist vollkommen klar - die Schulden überhaupt nicht mehr zurückzahlen. Man wird diese Schulden streichen müssen. Im Resultat bedeutet das, dass die Leistungsbilanzüberschüsse, dass die Außenhandelsüberschüsse im Grunde genommen nur ein Verschenken von Waren und Dienstleistungen an den Rest der Welt darstellen.

 

Man muss noch hinzufügen, dass es diesen Leistungsbilanzüberschuss nicht nur in einem Jahr gibt, sondern wir haben seit dem Jahr 2000 einen immer stärker anwachsenden Leistungsbilanzüberschuss. Wir haben mittlerweile kumulierte Außenhandelsüberschüsse von sage und schreibe 2 Billionen Euro.

 

Was wir für eine wirklich gesunde Wirtschaftspolitik brauchen, was wir brauchen, um diese Außenhandelsüberschüsse abzubauen, ist eine viel stärkere Orientierung auf die binnenwirtschaftliche Entwicklung. Wir brauchen deutlich höhere Lohnsteigerungen, und wir brauchen mehr Investitionen des Staates.

 

Wir brauchen zum Beispiel viel mehr Ausgaben für Investitionen in die Infrastruktur, die in Deutschland zum Teil verrottet. Wir brauchen viel mehr Ausgaben für Investitionen in die Infrastruktur, in die Zukunft unseres Landes. Wir müssen mehr in Bildung investieren usw. Aber vor allem im Bereich der Lohnpolitik müssen wir eine deutliche Stärkung erreichen. Damit kann die Binnennachfrage gestärkt werden. Damit kann dafür gesorgt werden, dass mehr importiert wird. Es geht ja gar nicht darum, die Exporte herunterzuschrauben, sondern vor allen Dingen darum, für mehr Importe zu sorgen, weil dadurch eine ausgeglichene Außenhandelsbilanz erreicht werden kann. Nur so kann die für andere Länder verheerende Politik, die am Ende auf uns zurückschlägt, beendet werden.

 

Danke schön.