Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
die hohen Strompreise in Deutschland sind das Maß für das Marktversagen in der Energiebranche. Die hier vorliegenden Anträge der FDP erkennen das Problem nicht einmal im Ansatz. Vielmehr sollen nur Symptome behandelt werden.
Auch mit Zutun der Liberalen wurde 1998 ein völlig regulierungsfreier Strommarkt geschaffen. Die Kräfte des so genannten „freien Marktes“ haben erwartungsgemäß zu Abzocker-Kartellen geführt. Nun wird die FDP die Geister nicht mehr los, die sie einst rief.
Die Bilanz für Stromkunden ist ernüchternd: An der Strombörse zahlten Industriekunden im letzten Jahr 650 Millionen Euro zuviel. Der Emissionshandel hat dem Oligopol 5,3 Milliarden Euro Extra-Profite beschert.
Die Kontrolle der Stromtarife war noch das einzige Instrument, um die Konzerne halbwegs im Zaum zu halten. Aber was macht die Bundesregierung? Sie schafft auch die noch ab - und prompt verkündet Vattenfall Preiserhöhungen von über sieben Prozent.
Natürlich bemängeln die Liberalen auch die Entflechtungsbemühungen der EU-Kommission, wo eine Zerschlagung der Energiekartelle nötig wäre. Die FDP setzt stattdessen auf neoliberale Marktinstrumente, wo kein Markt vorhanden ist.
Eines muss festgehalten werden: Die größten Preisanstiege fallen auf die letzten Jahre, in denen Steuern und Abgaben nicht erhöht wurden. Dass die Bundesregierung mit der unsinnigen Erhöhung der Mehrwertsteuer jetzt noch mal nachgelegt hat, ist deshalb unverantwortlich. Aber die Abzocke betreiben RWE & Co. und niemand sonst.
Die Kollegen von der FDP glauben leider auch, dass erneuerbare Energien zu höheren Stromkosten führen. Tatsache ist, dass sie Wertschöpfung in der Region erzeugen, teuer Gas- und Ölimporte zunehmend überflüssig machen und Klimafolgekosten einsapren.
Im vergangenen Jahr betrugen die EEG-Kosten 3,2 Milliarden Euro. Die durch sie vermiedenen Kosten für Gesundheits- und Umweltschäden betrugen 3,4 Milliarden. Volkswirtschaftlich wurden die EEG-Kosten damit vollständig neutralisiert.
Es reicht nicht, den „Wettbewerb auf den Deutschen Energiemärkten“ intensivieren zu wollen, indem grenzüberschreitende Netzkapazitäten ausgebaut werden. Denn dazu müssen erst einmal Wettbewerbsbedingungen hergestellt werden.
Was den deutschen Stromsektor betrifft, kann man nur von Marktversagen reden. Daran wird im Übrigen auch die Anreizregulierung nichts ändern. Der jetzt vorliegende Verordnungsentwurf zwingt zu Dumpingpreisen im Netzbetrieb. Er ist bestenfalls dazu geeignet, die Tarifautonomie zu untergraben und Stadtwerke in die Hände der großen Energiekonzerne zu treiben. Wenn die Verbraucherinnen und Verbraucher Glück haben sinken dadurch auch die Stromkosten - frühestens 2013 um dann 50 Euro im Jahr.
In der jetzigen Situation führt ein bloßer Ausbau der Netzkuppelstellen dazu, dass RWE, Eon, Vattefall und EnBW ihre marktbeherrschende Stellung auszubauen, und mehr Strom ins Ausland verkaufen. Geplante fossile Kraftwerke und die Strombilanz belegen das deutlich: Während im Jahr 2002 noch rund 12.000 Megawattstunden Strom importiert wurden, verkauften die Stromkonzerne 2006 schon 22.000 Megawattstunden ins Ausland.
Der Antrag der GRÜNEN geht in die richtige Richtung, greift aber deutlich zu kurz. Indem die Bundesregierung ein Konzept zur Herstellung von Wettbewerb vorlegen soll, und darüber entscheiden soll, wer Netzbetreiber sein darf, wird noch lange kein fairer Wettbewerb geschaffen, wo Marktversagen vorliegt.
DIE LINKE. fordert deshalb ein Zerschlagung des Stromkartells und eine Überführung der Netze in die öffentliche Hand. Wir brauchen eine funktionierende und transparente Preisaufsicht und ein wirksames Widerspruchsrecht für Verbraucherschutz-Verbände.
Nur so wird es uns gelingen, gerechte Bedingungen für einen europäischen Strommarkt zu erreichen. Dann wäre es auch möglich, den grenzüberschreitenden Stromhandel vernünftig zu organisieren. Wir brauchen mehr Übergänge in Europa, um einen EU-weiten Verbund der erneuerbaren Energien zu schaffen; denn es geht um bezahlbare Energie, Klimaschutz und Energiesicherheit.

Für wettbewerbsfähige Strukturen auf dem Strommarkt
Rede
von
Hans-Kurt Hill,