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Energienetze in die öffentliche Hand überführen

Rede von Ulla Lötzer,

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen!

Mittlerweile weiß in Europa jeder - außer den Energiekonzernen selbst -, dass RWE und Co ihre Marktmacht missbrauchen. Selbst die Deutsche Bank ist mit uns der Überzeugung, dass „eine vollständige Trennung der Stromerzeugung von den Netzen“ ideal wäre.

(Dr. Rainer Wend [SPD]: Darüber müsstet Ihr mal nachdenken!)

Denn: Bis dato ermöglichen die Leitungsmonopole den Stromkonzernen, die Konkurrenten klein- und die Preise hochzuhalten. Trotz Ihrer Vorsorge, Kollege Hempelmann, haben die Energieversorger letztes Jahr mit Netzentgelten 23 Milliarden Euro eingenommen, aber nur 2,5 Milliarden Euro investiert. Da stellt sich auch der Bürgerin und dem Bürger beim Blick auf die Stromrechnung die Frage: Was ist mit dem Rest passiert? Die Antwort ist einfach: Man hat nicht investiert, sondern man hat es für hohe Managementgehälter, Dividenden oder die EndesaÜbernahme ausgegeben, um seine Monopolmacht auszuweiten.

Die Stromausfälle 2005 und 2006 haben gezeigt, dass mangelnde Investitionen die Sicherheit der Energienetze immer noch gefährden. Kollege Hempelmann, wenn Sie nicht sehen, dass Sie trotz des beschlossenen Maßnahmepakets mehr tun müssen, dann sitzen wir bald öfter im Dunkeln, als uns allen lieb ist.

(Lachen des Abg. Rolf Hempelmann [SPD])

Die Energieriesen nutzen ihr Monopol auch zu einer Energiepolitik gegen den Klimawandel. Es ist doch absurd, dass Windanlagen an der Küste abgeschaltet werden müssen, wenn viel Wind bläst, weil die Netze für die Strommenge nicht ausreichen. Der dringend erforderliche Netzausbau für erneuerbare Energien wird aber unterlassen. Insofern ist es dreist, wenn RWE nötige Investitionen unter den Vorbehalt stellt, dass beim Klimaschutz Abstriche gemacht werden.

Deshalb begrüßen wir, dass die EU-Kommission eine Debatte über die Entflechtung von Netzen und Stromerzeugung begonnen hat. Dass die Energiekonzerne drohen, auch darauf mit einem Investitionsstopp zu reagieren, bestätigt nur eines: dass ihre Monopolstellung tatsächlich beendet werden muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Ja, Kollegin Kopp, das Angebot der Energieriesen von dieser Woche ist eine Mogelpackung. Eine Netzgesellschaft gemeinsam mit Frankreich und den Beneluxstaaten, bei der ihr Eigentum erhalten bleibt, schränkt ihre Macht nicht ein; im Gegenteil: Es würde ihr Monopol auf die gesamte europäische Region ausweiten. Das halten wir für nicht hinnehmbar. Handeln ist über die bisherigen Vorschläge hinaus gefragt, doch die Bundesregierung nutzt ihre Ratspräsidentschaft zur Blockade einer Entflechtung. Mit Ihren Maßnahmen, Kollege Pfeiffer und Kollege Hempelmann, lassen Sie sich von den Energiekonzernen am Nasenring durch die Arena führen. Wir freuen uns, dass die Deutsche Bank mit uns die Forderung erhebt, die Energiekonzerne zu zerschlagen.

(Rainer Brüderle [FDP]: Das ist die neue Allianz!)

Mit ihr teilen wir die Auffassung, dass der Eingriff in die Eigentumsrechte in diesem Fall legitim und verfassungsgemäß ist. Wie tief sind Sie gesunken, Kollege Wend, wenn die Deutsche Bank zur Herstellung von Verfassungsmäßigkeit schon die Linke als Bündnispartner braucht?

(Beifall bei der LINKEN)

Völlig zu Recht stellt die Deutsche Bank fest, dass die Energieriesen die hohen Gewinne und ihr Kapital unrechtmäßig mit Monopolrenditen erwirtschaftet haben. Damit haben sie ihre Entschädigung für die Enteignung eigentlich schon vorab kassiert, und der Weg ist frei, die Netze in die öffentliche Hand zu überführen;

(Beifall bei der LINKEN)

denn es geht nicht darum, sie zum Spekulationsobjekt für andere Private zu machen, indem man sie ihnen zum Kauf anbietet, erst recht nicht für Private-Equity-Fonds; das wäre tatsächlich keine Alternative.

In anderen europäischen Staaten - Finnland, Dänemark, Griechenland - ist man diesen Weg längst gegangen und sind die Netze in öffentlicher Hand.

(Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Nordkorea!)

Erst 2005 haben die Niederlande das Gasunternehmen Gasunie aufgespalten und die Gasnetze komplett in die öffentliche Hand überführt.

(Beifall bei der LINKEN)

Versorgungssicherheit, die Verhinderung von preislichem Missbrauch und der Klimawandel erfordern europaweit eine Entflechtung, aber auch die Überführung der Netze in die öffentliche Hand, wie wir es in unserem Antrag dargelegt haben. Die Bundesregierung fordern wir auf, bei der Ratssitzung ihre Blockadehaltung endlich aufzugeben.
Danke.
(Beifall bei der LINKEN)