Sehr geehrte Frau Präsidentin, Liebe Kolleginnen und Kollegen,
dank einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 22. März sind wir in der Lage, einmal konkret zur deutschen Verhandlungsposition zum Klimaschutzpaket der EU-Kommission zu reden.
Und ich muss schon sagen, die Position des Bundeswirtschaftsministeriums zum Emissionshandel ab 2013 hat mich umgehauen. Da stellt doch Herr Glos in seinen Änderungen zum Eckpunktepapier der Deutschen Verhandlungsposition tatsächlich die Versteigerung der Emissionsrechte an die Energieversorger in Frage. Und das nach den bisherigen Erfahrungen!
Weil den EVUs die weitvollen Zertifikate bislang geschenkt wurden, haben die Stromkonzerne in der ersten Handelsperiode 2005 bis 2007 europaweit bis zu 24 Milliarden windfall profits eingefahren. In Phase zwei bis 2012 werden Sie nach Schätzungen noch einmal 14 bis 34 Milliarden Euro Extraprofite einstreichen. Und dies soll nun so weitergehen bis in alle Ewigkeit?
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Sollten die wertvollen Emissionsrechte am Ende wiederum verschenkt werden, dann hat sich das Instrument endgültig diskreditiert. Und ich kann Ihnen versichern, dass die LINKE dann alles daran setzen wird, den Emissionshandel und seine Derivate mit aller Kraft zu bekämpfen. Dabei werden wir bei den meisten Umweltverbänden verbündete finden; in der Bevölkerung sowieso.
Bedenken Sie: Mit einer vollständigen Versteigerung der Zertifikate - natürlich auf Grundlage anspruchsvollen CO2-Minderungsziele - dazu eine Begrenzung der Anrechenbarkeit der missbrauchsanfälligen flexiblen Instrumente, wie CDM, könnten wir ein einen Emissionshandel haben, der tatsächlich ein scharfes Schwert im Klimaschutz wäre!
So wie es jetzt läuft, ist es aber die Perversion eines umweltökonomischen Instruments. Angesichts der Extraprofite sollten die Versorger, nebenbei bemerkt, keinen Cent öffentlicher Gelder für die fragwürdigen CCS-Pilotprojekte der unterirdischen Verklappung von Kraftwerksemissionen bekommen. Die können die Unternehmen nämlich aus der Portokasse bezahlen.
Doch zurück zu Herrn Glos und seinem Ministerium. Das BMWi fordert auch zusätzliche Zertifikate für Unternehmen, die AKWs stilllegen. Heißt das etwa, dass an die Stelle der AKWs nun Kohlekraftwerke treten sollen? Das lehnen wir ab.
Wir sind der Auffassung - und das belegen auch Studien - dass bei einem geplanten Atomausstieg keine zusätzlichen Kohlekraftwerke benötigt werden. Dazu braucht es aber wirksame Energieeffizienzmaßnahmen und einen deutlichen Ausbau von KWK und erneuerbaren Energien.
Im Hinblick auf das produzierende Gewerbe sei laut Bundeswirtschaftsministerium „ein vollständiger Verzicht auf die Auktionierung erforderlich“. Dies steht ebenfalls dem Vorschlag der EU-Kommission entgegen, nach dem über entsprechende Sonder- oder Schutzregelungen für diesen Sektor erst dann beraten werden soll, wenn klar ist, ob es ein anspruchsvolles internationales Kyoto-Nachfolgeabkommen geben wird oder nicht. Gäbe es ein solches Abkommen, so würde die außereuropäische Konkurrenz vergleichbare Lasten zu tragen haben. Dementsprechend wäre die Auktionierung kein Nachteil im internationalen Wettbewerb. Wir folgen dieser Logik.
Wird es kein Nachfolgeabkommen geben, kann 2010 immer noch darüber beraten werden, in welcher Weise besonders betroffenen Branchen geholfen werden kann. Beispielsweise durch einen Klimazoll oder durch teilweise kostenlose Vergabe der Zertifikate. Dabei kann es aber unserer Ansicht nach nur um jene Branchen gehen, die zwei Kriterien gleichzeitig erfüllen:
1. sie produzieren trotz fortschrittlicher Technik sehr energieintensiv
2. sie stehen auch tatsächlich im größeren Umfang im Wettbewerb mit Unternehmen außerhalb der EU.
Das Bundeswirtschaftsministerium - und wohl auch das BMU - fordern im Eckpunktepapier weiterhin eine Ausweitung der Anrechenbarkeit von CDM- und JI-Emissionsgutschriften. Die LINKE ist jedoch froh, dass die Anrechenbarkeit im Kommissionsentwurf nunmehr stärker begrenzt ist. Wir alle wissen, ich habe das oben schon angedeutet, dass CDM-Projekte sehr anfällig für Manipulationen sind. Die ökologische Integrität ist vielfach nicht gewährleistet. Es wird in den Projekten im Süden eben vielfach nicht das zusätzlich eingespart, was im Norden mit den Emissionsgutschriften zusätzlich ausgestoßen wird. So wird aus dem Nullsummenspiel eine zusätzliche Belastung der Erdatmosphäre.
Unsere Position zu den Dingen habe ich hiermit umrissen. Sie können sie auch unserem Entschließungsantrag entnehmen. Die LINKE wendet sich dort strikt gegen die Aufweichung des Klima- und Energiepakets der Kommission durch das BMWi und fordert Wirtschaftsminister Glos auf, endlich eine konstruktive Haltung im Sinne des Klimaschutzes anzunehmen.
In diesem Zusammenhang begrüßen wir, dass sich Union und SPD im Bundestag in ihrem Ausschussantrag wenigstens zur vollständigen Auktionierung im Energiesektor bekannt haben. An anderer Stelle greifen sie jedoch die Bestimmung an, nach der 20 Prozent der Auktionseinnahmen für Klimaschutzmassnahmen und zur Abfederung des Strukturwandels zu verwenden sind. Genau dies unterstützen wir jedoch. Im Gegenteil, der Anteil hierfür könnte noch deutlich steigen.
Letzteres fordern auch die Grünen in ihrem Antrag. Leider haben die aber die Illusion, dass sich der Missbrauch von CDM durch Reformen vollständig ausschließen ließe. Entsprechend fordern sie keine Begrenzung der Anrechenbarkeit. Ich finde, das ist erstens naiv und zweitens strategischer Unsinn.
In der zweiten Handelsperiode lautet das Minderungsziel der EU im Emissionshandelssektor 107 Millionen Tonnen CO2. Mehr als das Doppelte, nämlich 221 Millionen Tonnen können über die flexiblen Instrumente abgerechnet werden. Das hat zur Folge, dass in Europa künftig mehr Klimagase ausgestoßen werden könnten, als jemals zuvor. Selbst wenn jedes einzelne Emissionsrecht aus CDM und JI auf echten Klimagaseinsparungen außerhalb Europas beruhen würde, kann dies bei diesen Größenordnungen nur als Hemmschuh für den innereuropäischen Strukturwandel hin zu einer kohlenstoffarmen Energieversorgung bezeichnet werden. Der Beginn einer nachhaltigen Energiewende wird sträflich in die Zukunft verschoben.
Und tatsächlich: In Österreich beklagen die Grünen gerade, dass die Regierung nur 21 Millionen Euro für erneuerbare Energien (EE) im Inland ausgeben will, dafür aber 531 Millionen Euro in Klimaschutzprojekte im Ausland steckt.
Aus diesem Grunde werden wir uns beim Entschließungsantrag der Grünen enthalten. Da die FDP die Anrechnung von CDM sogar ausdehnen will, lehnen wir deren Antrag ab. Das gleiche gilt für die Beschlussempfehlung, da die Koalition hier unter anderem fordert, die von der Kommission vorgeschlagene Mittelverwendung der Auktionseinnahmen für soziale und Umweltschutzzwecke zu beerdigen. Das ist schade, weil die zu Grunde liegende Entschließung ansonsten zu begrüßen ist.

Emmissionshandelsrichtlinie
Rede
von
Eva Bulling-Schröter,