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Emissionshandel neu geregelt

Rede von Eva Bulling-Schröter,

Tagesordnungspunkt 17Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung der Rechtsgrundlagen für die Fortentwicklung des Emissionshandels > Drucksache 17/5296, 17/5711 Drucksache 17/6124 < - Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) gemäß § 96 der Geschäftsordnung> Drucksachen 17/6125 <

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,
wie sie wissen, ist über die eigentlichen Kernpunkte dessen, was wir heute beraten, bereits 2008 auf europäischer Ebene entschieden worden. Die positive Nachricht war seinerzeit die Versteigerung der Emisisonsrechte an die Stromwirtschaft ab 2013. Damit wird endlich die Praxis beendet werden, die wertvollen Zertifikate an die Energiekonzerne zu verschenken. Das bringt denen schließlich jedes Jahr Milliarden an Extraprofiten ein.
Die schlechte Nachricht bestand 2008 darin, dass es im Industriesektor bei der weitgehend kostenlosen Zuteilung bleiben soll, auch wenn diese jetzt wenigstens europaweit harmonisiert stattfindet.
Über die Produkt-Benchmarks werden viel zu viel Branchen mit kostenlosen Zertifikaten beschenkt. Also nicht nur die, die im internationalen Wettbewerb mit energieintensiv hergestellten Produkten stehen, sondern auch viele, die eine solche Unterstützung eigentlich gar nicht brauchen.
Die Koalition hat jetzt noch eine Härtefallregelung ins Gesetz geschrieben. Ich frage mich, wofür? Die Benchmarks sollen federn doch schon jetzt fast jegliche umweltpolitische Lenkungswirkung ab.
Zusätzlich wollen Union und FDP für die Industrie noch indirekte Effekte des Emissionshandels kompensieren. Es geht um Milliarden an Ausgleichzahlungen für emissionshandelsbedingte Strompreiserhöhungen für die Unternehmen. Da sind wir der Meinung, dass diese nur einem sehr engen Kreis zu Gute kommen sollen, wirklichen Härtefällen. Das Gro der Gelder sollte lieber dazu verwandt werden, die Energiewende bei ärmeren Haushalten abzufedern. Zudem sollten die Mittel für die energetische Gebäudesanierung weiter aufgestockt werden. Denn diese wird ansonsten für Mieterinnen und Mieter unbezahlbar.
In der TEHG-Novelle sollen in Deutschland Kleinanlagen unter 25.000 Tonnen CO2-Emissionen im Jahr vom Emissionshandel befreit werden, wenn sie entweder eine Kompensationssumme zahlen oder wenn ihre Anlage eine spezifische CO2-Minderung von mindestens 1,74 Prozent im Jahr erbringt. Spezifisch heißt aber, dass sie bei Produktionsausdehnung absolut mehr ausstoßen können – trotz Einsparung je Produkt. Wir meinen, damit wird das Prinzip der festen Obergrenze für Emissionen, des berühmten „Deckels“ beim Emissionshandel, durchbrochen. Das lehnen wir ab.
Der BDE und andere setzten sich bei der Anhörung mit Stellungnahmen dafür ein, Ersatzbrennstoff-Kraftwerke (EBS-Kraftwerke) weiterhin als Abfallanlagen zu behandeln, also weiterhin vom Emissionshandel zu befreien. Auch der Bundesrat plädierte dafür. Wir denken jedoch, dies wäre eine Besserstellung gegenüber den emissionshandelspflichtigen Anlagen der Stromerzeugung. Schließlich ist der Hauptzweck von Ersatzbrennstoff-Kraftwerken offensichtlich die Produktion von Strom und Wärme, und eben nicht die Abfallentsorgung. Der Name Ersatzbrennstoff-KRAFTWERK deutet schon darauf hin. Die Einbeziehung der Abfallentsorgung in den Emissionshandel ist also richtig.
Ab nächstes Jahr wird der Flugverkehr in den Emissionshandel einbezogen. Auch hier gilt: Die Messen wurden bereits auf EU-Ebene gesungen. Allerdings wenig ermutigend:
Die zugeteilte Gesamtmenge wird im Jahr 2020 nur 95 Prozent des Durchschnitts der Jahre 2004 bis 2006 betragen - Ambitionierter Klimaschutz sieht anders aus!
Zudem sollen gerade einmal 15 Prozent der Rechte versteigert werden. Ferner ignoriert das System die indirekten Effekte des Flugverkehrs, wie NOx und Wasserdampf, die die Treibhauswirkung je Tonne ausgestoßenen CO2 um den Faktor zwei bis vier erhöhen. Gerade wurde ja eine Studie veröffentlicht, die ein Klimawirksamkeit von mindestens Faktor 2 in Bezug auf die in der Höhe ausgestoßene CO2-Menge nahe legt.
Auch die Verzahnung des Flugverkehrs mit dem EU-Emissionshandel sowie mit CDM und JI wird dazu führen, dass der Flugverkehr fast ungezügelt weiter wachsen kann! Auch darum lehnt die LINKE dieses Gesetz ab.
Noch ein Wort zu den steuerlichen Auswirkungen der künftigen Versteigerung. Dies war ja auch ein Thema der Stellungnahme des Bundesrates.
Die kommunalen Spitzenverbände sehen, dass mit der geplanten Versteigerung von CO2-Zertifikaten dem Bund für Mehreinnahmen in Milliardenhöhe zufließen werden. Da diese Mehreinnahmen des Bundes bei den Unternehmen spiegelbildlich als Betriebsausgaben zu Buche schlügen, würden im Gegenzug die steuerlichen Bemessungsgrundlagen der Ertragsteuern in entsprechender Größenrelation sinken, so die Verbände. Die Kommunen seien über die Gewerbesteuer in besonders dramatischer Weise von den daraus unmittelbar resultierenden Steuerausfällen betroffen.
Nun hat die Bundesregierung einer ähnlichen Argumentation des Bundesrates in ihrer Gegenäußerung begründet, aber eher knapp und ohne Zahlenmaterial, widersprochen. So seien die Mehreinnahmen für zusätzliche gesamtstaatliche Klimaschutzausgaben vorgesehen. Vor allem aber müssten die steuerlichen Gesamteffekte des Emissionshandels seit seiner Einführung 2005 gesehen werden. Und tatsächlich werden ja mit der Versteigerung nur jene leistungslos erzielten Extraprofite beschnitten, die die Energieversorger durch die bislang kostenlose Vergabe der Emissionsrechte erzielt haben. Die Kommunen haben an diesen Gewinnen mit zusätzlichen Steuereinahmen partizipiert. Jetzt wird eigentlich nur der „Normalzustand“ wieder hergestellt.
Für uns ist aber noch nicht ganz klar, wie die Nettowirkungen tatsächlich aussehen. Darum fordern wir die Bundesregierung auf, hier einmal eine Bilanz mit konkreten Zahlen vorzulegen.
Herzlichen Dank.