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Bundeswehr raus aus dem Kosovo - KFOR beenden

Rede von Sevim Dagdelen,

Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss) zu dem Antrag der Bundesregierung Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der internationalen Sicherheitspräsenz in Kosovo auf der Grundlage der Resolution 1244 (1999) des  Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 10. Juni 1999 und des Militärisch-Technischen Abkommens zwischen der internationalen Sicherheitspräsenz (KFOR) und den Regierungen der Bundesrepublik Jugoslawien (jetzt: Republik Serbien) und der Republik Serbien vom 9. Juni 1999 (BT-Drs. 17/13661, 17/13955, 17/13956)

 

Sevim Dağdelen (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wieder einmal soll es heute hier im Bundestag eine weitere Verlängerung des Bundeswehreinsatzes im Kosovo geben. Seit nunmehr 14 Jahren stehen deutsche Truppen auf dem Südbalkan. Selbst die Bundesregierung spricht in ihrem Antrag von jährlich 60 Millionen Euro Zusatzkosten jenseits der Kosten für die Bereitstellung der NATO-Infrastruktur für diese Truppenstationierung.

Wenn es eines Belegs dafür bedurfte, mit welchem Ergebnis für die Menschen vor Ort die jahrelange Truppenstationierung verknüpft ist, dann liegt er jetzt vor; denn er ist aus den Anträgen der Koalition und der Grünen selbst herauszulesen, die zu Recht die schlimme soziale, aber auch die fatale rechtsstaatliche Situation im Kosovo und vor allem auch die miserable Situation der Minderheiten, wie der Roma und der Serben, beschreiben. Gerade die jüngste Annährung zwischen der serbischen Regierung und der Kosovo-Administration zeigt aber: Es muss hier um politische Lösungen gehen. Eine Verewigung militärischer Präsenz, wie sie sich im Kosovo nach 14 Jahren ja abzeichnet, wird lediglich zu einer weiteren Verschlechterung der Situation der Menschen vor Ort führen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich finde es wirklich bemerkenswert, dass die Koalition mit ihrer harten Haltung gegenüber der serbischen Regierung und der Weigerung, die Beitrittsverhandlungen zu eröffnen, jetzt auch noch diese Annährung zu torpedieren droht.

(Peter Beyer (CDU/CSU): Das ist Quatsch! - Zuruf von der FDP: Falsch!)

Erdogan lässt die Proteste in der Türkei niederknüppeln und wird von Ihnen für seine Reformbemühungen mit einem Vorantreiben des Beitrittsprozesses belohnt. Serbien aber wollen Sie offenbar regelrecht demütigen.

(Beifall der Abg. Heike Hänsel (DIE LINKE) ‑ Peter Beyer (CDU/CSU): Sie verstehen den Prozess doch gar nicht!)

Statt zu unterstützen, satteln Sie immer neue Forderungen drauf.

(Peter Beyer (CDU/CSU): Unsinn!)

Auch hier werden Sie von den Grünen überholt. Aber das wundert ja immer weniger Menschen in diesem Land ‑ zu Recht, wie ich sagen muss.

(Beifall der Abg. Heike Hänsel (DIE LINKE))

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass die grüne Fraktion bei einem Auslandseinsatz der Bundeswehr einmal mit Nein gestimmt hat.

(Lars Lindemann (FDP): Weil die noch vernünftig sind!)

Es scheint, als wirkten bei einer Mehrheit hier in diesem Haus noch immer antiserbische Feindbilder.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN ‑ Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): So ein Unsinn!)

Während der Ruf nach Minderheitenrechten für albanischstämmige Kosovaren oder Bosniaken auf dem Balkan für Sie im Sinne einer ethnischen Parzellierung Leitmotiv Ihrer Außenpolitik war, meint man, die Serben mit fortgesetzter militärischer Präsenz vor Ort in Schach halten zu müssen. Sie haben mit dieser Außenpolitik die Büchse der Pandora mit geöffnet.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Sie müssen sich diese Frage einfach gefallen lassen: Mit welchem Recht postulieren Sie ein Selbstbestimmungsrecht der Kosovaren, das Sie den Serben im Norden Kosovos einfach verweigern? Diese Frage müssen Sie hier erst einmal beantworten.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Meine Damen und Herren, meine große Sorge ist, dass die Bundeswehr in Zukunft noch direkter zur Unterdrückung der serbischen Minderheit im Kosovo in Stellung gebracht wird.

(Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Jetzt reicht es langsam!)

Dass sie im Gegenteil eben nicht fähig oder willens ist und war, Serben im Kosovo zu schützen, hat sie mir ihrer unrühmlichen Rolle bei den Pogromen gegen die Minderheiten im Kosovo 2004 bereits bewiesen.

(Helmut Brandt (CDU/CSU): Unverschämtheit! - Michaela Noll (CDU/CSU): Sie haben nichts begriffen!)

Ich finde, dafür und für diesen Bundeswehreinsatz insgesamt sind nicht nur die jährlichen 60 Millionen Euro Zusatzkosten viel zu viel, sondern dafür ist schon jeder einzelne Euro zu viel.

(Beifall der Abg. Heike Hänsel (DIE LINKE))

Wir brauchen eine andere Balkan-Politik. Ziehen Sie die Bundeswehr ab und unterstützen Sie endlich vorbehaltlos die politischen Lösungen in der Region! Damit wäre den Menschen auf dem Balkan, aber auch den Menschen hier mehr geholfen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)