Sehr geehrter Herr/Frau Präsident(in), liebe Kolleginnen und Kollegen,
die herausragende Stellung des Internets für den wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Austausch ist unbestritten. Wir stehen dabei erst am Beginn einer Entwicklung. Die Politik muss die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen dafür schaffen. Der vorliegende Antrag der Regierungsfraktionen fordert unter anderem die Neuschaffung von regionalen Top-Level-Domains im Internet. Dieses Vorhaben, meine Damen und Herren, sieht Die LINKE sehr kritisch. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag auch ab.
Das hat mehrere Gründe. Zunächst ist bis heute nicht ausreichend nachgewiesen, dass eine Ausweitung des Adressraumes überhaupt notwendig ist.
Nur einem vorgeblichen Trend folgen zu wollen, wie es im Antrag heißt, ist als Begründung für einen solchen Schritt ein bisschen dünn. Ein feines und bewährtes Geflecht der bestehenden Domain-Adressen sollte man nicht mit Hauruck-Methoden zerstören, nur um einem vermeintlichen Trend zu folgen, der zudem in erster Linie durch privatwirtschaftliche Interessensvereinigungen vorangetrieben wird.
Liebe Kollegen und Kollegen,
in Fachkreisen wird die Ausweitung auf regionale Endungen ebenfalls sehr kritisch gesehen. Es besteht die Gefahr der zunehmenden Unübersichtlichkeit bei der Identifikation von Adressen. So kommen unnötigerweise auch viele ungeklärte Rechtsfragen auf den Tisch, beispielsweise welche Rechte Domain-Inhaber bestehender Adressen hinsichtlich der neuen Endungen haben. Dies schwächt den Verbraucherschutz. Auf solche Fragen haben auch die Antragsteller leider keine Antwort.
Meine Damen und Herren,
um die Qualität zu sichern, muss zunächst sauber und unter Berücksichtigung der betroffenen Verbände, Initiativen und Expertinnen und Experten gearbeitet und überlegt werden, ob und unter welchen Umständen eine Einführung neuer Endungen sinnvoll sein kann. Schnellschüsse sollten hier keinen Platz haben. Dazu ist das Thema zu wichtig. Im weiteren Verfahren sollte aufgrund der vielen offenen und ungeklärten Fragen ein Expertengespräch durchgeführt werden.
Im Antrag der Regierungsfraktionen wird auch auf die Struktur und die Legitimation der privat-rechtlich organisierten Verwaltung (ICANN, Internet Corporation für assigned names and numbers) der Domain-Adressen eingegangen. DIE LINKE sieht bei der bisherigen Organisationsform ein großes Demokratiedefizit. Da sind wir uns ja einig, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition. Es widerspricht dem Charakter des Internets, dass bislang die ICANN alleine vertraglich den USA zur Rechenschaft verpflichtet ist. Hier muss so schnell wie möglich eine internationale Lösung gefunden werden, um die Freiheit des Internet und der Adressvergabe dauerhaft zu sichern und krisenfest zu machen. Vielen Dank.

Bewährtes Geflecht der bestehenden Domain-Adressen nicht mit Hauruck-Methoden zerstören
Rede
von
Lothar Bisky,