TOP 22 - Bundesberggesetz - Rede zu Protokoll - Beratung des Antrags der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Dorothée Menzner, Ralph Lenkert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Novelle des Bundesberggesetzes und anderer Vorschriften zur bergbaulichen Vorhabengenehmigung > Drucksache 17/9034
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,
das Bergrecht ist rechtlich etwas für Spezialistinnen und Spezialisten, kaum jemand kennt sich damit wirklich aus. Praktisch hat es aber für viele Menschen enorme Folgen. Das gilt insbesondere für die Kohleregionen in Nordrhein-Westphalen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Saarland. Denn das Bergrecht räumt der Förderung von Bodenschätzen systematisch Vorrang ein vor allen anderen Interessen. Seien es die der Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümern, von Mieterinnen und Mietern oder von Umwelt- und Landschaftsschutz.
Gerade infolge von Tagebauen verlieren viele Menschen die ihnen vertraute Heimat und Arbeit. Ganze Dörfer werden umgesiedelt, riesige Landstriche werden lange Zeit zu Wüsten. Aber auch beim Abbau etwa von Salzen in den Kaliregionen Thüringens und Hessens schafft das Vorrecht des Bergbaus jede Menge Konflikte, denken wir nur an die Versalzung der Werra.
Längst überfällig ist darum ein modernes Bergrecht, das zwei Funktionen erfüllen muss: Es muss zum einen der Notwendigkeit der Rohstoffgewinnung und den Besonderheiten des Bergbaus Rechnung tragen, zum anderen aber viel stärker als bisher die Interessen von Anwohnern und Umwelt berücksichtigen.
Für eine solche Novelle hat sich unter anderem der Frankfurter Rechtsanwalt Dirk Teßmer stark gemacht. Seine Thesen lagen in vielen Punkten dem vor wenigen Wochen eingebrachten Antrags der Grünen zu Grunde. Sie sind auch wesentlich Grundlage unseres Antrags. Gemeinsam ist beiden Anträgen darum die Kernforderung, den automatischen Vorrang des Abbaus von Rohstoffen vor allen anderen Interessen zu beenden. Dafür soll unter anderem künftig ein Planfeststellungsverfahren mit UVP an Stelle der bisherigen Verfahren treten.
Zudem soll das vorgelagerte Bergwerkseigentum abgeschafft werden. Abbaurechte sollen erst dann an Unternehmen verliehen werden, wenn ein Abbau in einem demokratischen Verfahren beschlossen wurde. Und zwar unter Abwägung aller Interessen und nach einer sogfältigen Umweltverträglichkeitsprüfung - und keinen Tag vorher.
Gemeinsam ist beiden auch die Forderung nach mehr Transparenz, sowie nach mehr Beteiligungs- und Klagemöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger sowie für Verbände und Kommunen. Ferner soll in Haftungs- und Entschädigungsfragen künftig die Position der Anwohnerinnen und Anwohner deutlich gestärkt werden.
Es gibt aber auch Differenzen zum Grünen Antrag. Die LINKE möchte beispielsweise den Unterschied im Bundesbergesetz zwischen so genannten grundeigenen und bergfreien Bodenschätzen abschaffen. Zu den ersten gehören beispielsweise eine Reihe wertvollerer Mineralien, wie z.B. Bauxit, Glimmer oder hochwertiges Quarz. Sie gehören heute den Grundstückseigentümern. Zu den zweiten Kohle, Gas, Erze oder Salz, die als „herrenlos“ gelten, was man auch als Gemeineigentum bezeichnen kann. Dazu sollen auch sämtliche grundeigenen Bodenschätze, die gegenwärtig außerhalb des BBergG behandelt werden - wie mineralische Massenrohstoffe , also Kiese, Sande, Naturstein etc. - dem reformierten BBergG unterworfen werden. Auch die gehören gegenwärtig den Grundeigentümern.
Mit unserer Regelung würden in Deutschland künftig sämtliche Bodenschätze dem BBergG unterliegen, wobei alle Bodenschätze als bergfrei definiert würden. Dies hätte zwei Folgen: Zum einen würden alle Bodenschätze Gemeineigentum sein. Zum anderen würde gleichzeitig der Abbau jeglicher Bodenschätze einem Planfeststellungsverfahren mit UVP unterworfen. Die Grünen wollen zwar auch den Unterschied zwischen bergfreien und grundeigenen Bodenschätzen abschaffen. Ihr Antrag lässt aber leider offen, welche Rechtsgrundsätze nun zum Tragen kommen sollen. Die für bergfreie, oder die für grundeigene Bodenschätze?
Zudem knüpft die LINKE im Gegensatz zu den Grünen die Genehmigungsvoraussetzung für einen Abbau unter besiedelten Gebiet an streng nachzuweisende Ausnahmetatbestände. Künftig soll also vom Vorhabenträger nachgewiesen werden, dass ein unabweisbarer volkswirtschaftlicher Bedarf für den Rohstoff besteht. Zudem muss der Abbau tatsächlich alternativlos sein.
Wir finden diese Konstruktion wichtig und überzeugend, weil sie beispielsweise verhindern könnte, dass neue Braunkohletagebaue genehmigt werden, die noch weit nach 2040 laufen würden. Denn für diese Zeit kann davon ausgegangen werden, dass Strom und Wärme fest vollständig regenerativ bereit gestellt werden kann. Braunkohle braucht dann kein Mensch mehr, höchstens noch ein paar wenige flexible Gaskraftwerke.
Unser Antrag hat, ähnlich wie der der Grünen, noch zahlreiche weitere Reformvorschläge, die ich hier im einzelnen nicht darstellen möchte. Dafür haben wir ja die Ausschüsse. In diesem Zusammenhang freuen wir uns auf die Anhörung zu unseren beiden Bergrechts-Anträgen nach Ostern. Denn bei allen Unterschieden ist klar: Das stellenweise mittelalterliche anmutende deutsche Bergrecht gehört überarbeitet - und zwar gründlich, umfassend und zügig.
Herzlichen Dank.