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Zypern in der Eurozonen-Krise

Positionspapier,

Positionspapier des Arbeitskreies Internationale Politik

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Zypern gehört wie Spanien und Irland zu jenen Ländern der EU, die bis zum Ausbruch der Krise eine stabile wirtschaftliche und fiskalische Entwicklung zu verzeichnen hatten. Die Wachstumsraten waren über Jahre hinweg hoch  und die Staatsverschuldung lag noch 2008 bei 48,9% des BIP. Von der europäischen Krisendynamik „angesteckt“ wurde Zypern vor allem über den Finanzsektor. Ähnlich wie im Falle Spaniens kam es nach der Euro-Einführung zu einer „Überexpansion“, insbesondere auf dem Immobilienmarkt. Dass der im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung sehr große Finanzsektor seit 2008/2009 massiven Turbulenzen ausgesetzt ist, hängt vor allem mit der starken Verwobenheit mit dem griechischen Finanzsektor zusammen. Der dortige Schuldenschnitt Anfang 2012 hatte umfassende Abschreibungen bei zyprischen Banken zur Folge. Die Liquidität der zyprischen Banken wird seither zunehmend aus dem Not-programm ELA (Emergency Liquidity Assistance) der Zyprischen Zentralbank finanziert.

Zur Bankenkrise kommt eine tiefe realwirtschaftliche Rezession, die sich ebenfalls durch die enge Verwobenheit mit anderen südeuropäischen Ökonomien erklärt. Für das vergangene Jahr wird ein Rückgang der zyprischen Wirtschaftsleistung um 2,3% des BIP, das bei rund 18 Mrd. Euro liegt, erwartet. Infolge von Bankenrettungsmaßnahmen durch die öffentliche Hand dürfte die Staatsverschuldung nach Schätzungen der EU-Kommission von rund 71% des BIP (2011) auf ca. 90% in 2012 ansteigen. Darunter befinden sich auch Kredite aus Russland in Höhe von 2,5 Mrd. Euro. Für diese gewährte die russische Regierung dem Land Ende Januar 2013 eine Laufzeitverlängerung.

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Positionierung des Arbeitskreises

Eine mit Konditionalitäten verbundene Kreditlinie aus ESM-Mitteln an Zypern ist abzulehnen. Der ESM ist ein Instrument, mit dem wirtschaftliche Notsituationen ausgenutzt werden um über die demokratisch nicht legitimierte Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF weitreichende wirtschafts- und sozialpolitische „Reformen“ von außen zu diktieren. Das ist aus demokratiepolitischen Überlegungen heraus inakzeptabel.

Auch inhaltlich ist das Zypern-Memorandum abzulehnen. Insbesondere die vorgesehen Sozial- und Lohnkürzungen, die Entlassungen sowie die Deregulierungs- und Privatisierungsmaßnahmen sind ökonomisch destruktiv und sozial inakzeptabel. Einige tendenziell sinnvolle Maßnahmen wie die leichte Erhöhung des Körperschaftssteuersatzes können das nicht aufwiegen.

Ohnehin wäre in Zypern nur ein Programm zu rechtfertigen, das sich ausschließlich auf den Finanzsektor bezieht und nur für diesen Auflagen enthält. Ähnlich wie in Spanien, ist in Zypern vor allem der Finanzsektor das Problem. Auflagen, die Kürzungen öffentlicher Ausgaben und Strukturreformen erzwingen, sind auch vor diesem Hintergrund nicht zu rechtfertigen.
Eine Beteiligung Privater an den Kosten der Krise ist grundsätzlich zu befürworten. Allerdings sollte bei den Gläubigern der Staaten bzw. den Anteilseignern maroder Banken angesetzt werden. Eine pauschale Abgabe auf Bankeinlagen, wie sie auf dem Euro-Gipfel beschlossen wurde, ist ökonomisch desaströs. Insbesondere eine Beteiligung von Kleinsparern ist vollkommen inakzeptabel.

Steuerflucht und -dumping sind ernsthafte Probleme, die nur auf europäischer – und vorzugsweise internationaler - Ebene gelöst werden können. Die Bundesregierung ist gefordert, sich für ein koordiniertes, entschlossenes Vorgehen der Mitgliedsstaaten zur Bekämpfung von Steueroasen und zur Etablierung steuerlicher Mindeststandards einzusetzen. Der ausschließliche Fokus auf Zypern geht an der Problemlage vorbei.

Inakzeptabel ist das populistische Argumentationsmuster nachdem Zypern insbesondere ein Ort der Geldwäsche für „russische Oligarchen“ ist. Sowohl die Polarisierung in der Wohlstandsverteilung als auch die Intransparenz gigantischer Kapitalströme sind internationale, systemische Probleme, die durch nationalitätsgebundene Erklärungen nicht sachgerecht erfasst werden können. Während im Zuge der griechischen Krise medial das Bild vom angeblich „faulen Griechen“ aufgebaut wurde, werden nun antirussische Feindbilder herangezogen, um die Zyprer/innen zu diskreditieren – „Oligarchen“ sind demnach reiche Russen, nicht aber reiche Deutsche, Franzosen etc. Diese, mit nationalistischen Stereotypen aufgeladenen Diskussionsmuster müssen energisch zurückgewiesen werden.