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Selbstbestimmtes und würdevolles Leben im Alter

Positionspapier,

Schutz der Menschenwürde, Recht auf Selbstbestimmung, Verbot der Altersdiskriminierung - als Prämissen einer emanzipatorischen Seniorenpolitik - sind längst festgeschrieben im Grundgesetz, in verbindlichen Richtlinien der Europäischen Union und zahlreichen Erklärungen nationaler und weltweit agierender Seniorenverbände. Für die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag sind diese Prämissen unabdingbar, weil sie allen Bürgerinnen und Bürgern gleichermaßen zustehen.

Seniorenpolitische Leitlinien der Bundestagsfraktion DIE LINKE.

1. Emanzipatorische Seniorenpolitik als umfassende Aufgabe

Schutz der Menschenwürde, Recht auf Selbstbestimmung, Verbot der Altersdiskriminierung - als Prämissen einer emanzipatorischen Seniorenpolitik - sind längst festgeschrieben im Grundgesetz, in verbindlichen Richtlinien der Europäischen Union und zahlreichen Erklärungen nationaler und weltweit agierender Seniorenverbände. Für die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag sind diese Prämissen unabdingbar, weil sie allen Bürgerinnen und Bürgern gleichermaßen zustehen. Faktisch stehen für viele, insbesondere für ältere Menschen, die von staatlichen Leistungen abhängig sind, diese Grundsätze nur auf dem Papier. Auch die so genannten jungen Alten sind Altersdiskriminierungen ausgesetzt, wenn ihre Fähigkeiten zu hochwertiger Arbeit oder ihr konstruktiver Einsatz für die soziale Gemeinschaft unterschätzt werden.

Deshalb ist ein Umdenken in der Seniorenpolitik erforderlich, weil das Bild vom Alter bezüglich der Bedürfnisse der neuen Generation von Seniorinnen und Senioren überprüft und neu formuliert werden muss.

Die Fraktion DIE LINKE. begrüßt die Diskussion um ein positives Altersbild, das die Potenziale der Seniorinnen und Senioren betont, und möchte diese aktiv mitgestalten. Gleichzeitig dürfen aber diejenigen, die auf Unterstützung angewiesen sind, nicht weniger Aufmerksamkeit bekommen. Die Demografiedebatte ist in diesem Zusammenhang sehr kritisch zu begleiten. Der Missbrauch des Demografiebegriffs führt zu mehr Sozialabbau, Privatisierung sozialer Risiken und Entsolidarisierung. Aktive, wohlhabende Ältere dürfen nicht nur im Hinblick auf ihre Verwertbarkeit gesehen werden und unterstützungsbedürftige Seniorinnen und Senioren nicht als Fürsorgefälle, sondern als Bürgerinnen und Bürger mit Anspruch auf ein selbstbestimmtes Leben bei gleichzeitigen Mitgestaltungsmöglichkeiten. Ein weiterer Abbau sozialer Leistungen ist nicht akzeptabel. Vielmehr muss es darum gehen, Lebensqualität und Wohlbefinden zu erhöhen sowie soziale und finanzielle Sicherheit zu gewährleisten. Ein Paradigmenwechsel hin zu einer Konzentration auf die Potenziale des Alters reicht allein nicht aus. Lebenszeit muss in allen Phasen als wertvolle Zeitspanne bewusst werden, die nur einmal zur Verfügung steht. Alle haben das unveräußerliche Recht, diese Zeit so angenehm wie möglich zu erleben.

Vorausschauende Seniorenpolitik bedarf zunächst eines realistischen, positiven Alten- und Altersbildes. Die Gruppe der Seniorinnen und Senioren ist ebenso heterogen wie die anderer Lebensphasen. Berücksichtigt werden müssen persönliche Biografien, der sozioökonomische Status, Bildung, Kultur und Migrationshintergrund, Gesundheitszustand, Behinderungen, Geschlechtszugehörigkeit, sexuelle Orientierung, das Wohnen im Familienverbund oder als Single, in der Stadt oder auf dem Land, der Ausbau von Kontakten sowie unterschiedliche Bedürfnisse und Interessen. Seniorenpolitik ist eine Querschnittsaufgabe, die kreativer Lösungen bedarf. Dabei sind ältere Menschen in allen sie tangierenden Lebensbereichen als Expertinnen und Experten in eigener Sache einzubeziehen.

Richtlinien der Europäischen Union (EU) beeinflussen zunehmend auch den Alltag von Seniorinnen und Senioren. Wir unterstützen den Widerstand der Linksfraktion im Europaparlament gegen unsoziale Entscheidungen - wie eine europaweite Anhebung des Renteneintrittsalters. Die Europapolitik ist im Hinblick auf die Lissabonstrategie, nach der die EU bis 2010 weltweit der wettbewerbsfähigste Wirtschaftsraum werden soll, kritisch zu begleiten. Die EU muss sich zuallererst zu einer Sozialunion weiterentwickeln. Vonnöten ist ein Lernprozess weg von einer Ellenbogenmentalität hin zu einer Kultur der Vielfalt, gegenseitigen Achtsamkeit und des Respekts.

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