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Kurzbewertung der geplanten Neufassungen des Gesetzes über die Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen und des Arbeitnehmerentsendegesetzes

Positionspapier,

Nach langen Auseinandersetzungen hat sich die Regierungskoalition im Juli 2008 auf die gesetzliche Umsetzung der Koalitionskompromisses zum Mindestlohn geeinigt. Die Neufassungen von AEntG und MIA sollen, laut Arbeitsminister Olaf Scholz, Mindestlohnregelungen für alle Branchen möglich machen. In der Koalition war bei der Neufassung insbesondere umstritten, wie mit mehreren konkurrierenden Tarifverträgen in einer Branche umgegangen wird.

Nach langen Auseinandersetzungen hat sich die Regierungskoalition im Juli 2008 auf die gesetzliche Umsetzung der Koalitionskompromisses zum Mindestlohn geeinigt. Die Neufassungen von AEntG und MIA sollen, laut Arbeitsminister Olaf Scholz, Mindestlohnregelungen für alle Branchen möglich machen. In der Koalition war bei der Neufassung insbesondere umstritten, wie mit mehreren konkurrierenden Tarifverträgen in einer Branche umgegangen wird.

AEntG: Über das AEntG können auf Antrag einer Tarifpartei einer Branche die Mindestentgeltsätze ihres Tarifvertrages per Rechtsverordnung durch das BMAS (bzw. bei Patt oder Ablehnung des Antrages im Tarifausschuss durch die Bundesregierung) für allgemeinverbindlich für diese Branche erklärt werden (sog. Branchenmindestlohn).
Dafür muss die Tarifbindung in der Branche mindestens 50 Prozent umfassen. In der Neufassung des AEntG muss zudem ein Tarifvertrag mit bundesweiter Geltung vorliegen.
Die Neufassung regelt den Umgang mit konkurrierenden Tarifverträgen. Dabei wird nicht automatisch derjenige Tarifvertrag vorgezogen, der den größten Teil der Branche abdeckt und von der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern abgeschlossen wurde. Stattdessen stehen dem BMAS zwei Ausflüchte offen sich, gegen den Tarifvertrag der mitgliederstärksten Gewerkschaft zu entscheiden: 1. Die Repräsentativität des Tarifvertrages soll mit anderen Kriterien "zu einem schonenden Ausgleich" gebracht werden. 2. Das Kriterium der Repräsentativität macht sich nicht ausschließlich an dem Geltungsbereich des Tarifvertrages und der Anzahl der Gewerkschaftsmitglieder fest.
Damit können konkurrierende Tarifverträge von arbeitgebernahen oder nicht tariffähigen Pseudo-Gewerkschaften mit niedrigeren Standards in das AEntG aufgenommen werden. Ein Beispiel dafür wäre der Tarifvertrag der christlichen Gewerkschaft CGZP im Bereich der Leiharbeit.

MIA: Das MIA soll Mindestlöhne in Branchen ermöglichen, die die Voraussetzung zur Aufnahme ins AEntG nicht erfüllen weil sie keiner oder einer zu geringen Tarifbindung unterliegen (unter 50 Prozent). Ein Hauptausschuss - der aus je zwei VertreterInnen der Tarifparteien und des BMAS sowie eines/r durch das BMAS gestellten Vorsitzenden besteht - entscheidet über Einführung, Anhebung und Aufhebung von Mindestlöhnen in den einzelnen Branchen. Ein daraufhin für die jeweilige Branche gebildeter, paritätisch von den Tarifparteien und eines/r durch das BMAS bestellten Vorsitzenden besetzter Fachausschuss legt die Höhe des Branchenmindestlohns fest. Dieser wird auf Vorschlag des BMAS durch die Bundesregierung verordnet.
Die über das MIA verordneten Mindestentgelte haben Vorrang vor tarifvertraglichen Regelungen, sofern diese für die Beschäftigten ungünstiger sind. Ausgenommen sind davon allerdings Tarifverträge und deren Folgevereinbarungen, die vor dem 16. Juli 2008 abgeschlossen wurden. Damit wird ein Bestandschutz für Tarifverträge festgeschrieben, deren Entgelte unterhalb der festgelegten Branchenmindestlöhne liegen. Das bedeutet faktisch, dass Dumping-Tarifverträge von arbeitgebernahen Pseudo-Gewerkschaften nicht angetastet werden.

Bewertung von AEntG und MIA
Auch im Zusammenspiel beider Gesetze ist kein flächendeckender, Existenz sichernder gesetzlicher Mindestlohn zu erreichen. Dies wird deutlich, wenn der Gehalt von AEntG und MIA am Konzept des dualen Mindestlohns der Fraktion DIE LINKE gemessen wird.