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Zypern in der europäischen Krisendynamik

Im Wortlaut von Alexander Ulrich,

Von Alexander Ulrich





Eigentlich lief es gut für Zypern, in den letzten Jahren. Wie Spanien und Irland gehört Zypern zu jenen Ländern der EU, die bis zum Ausbruch der Krise noch als beispielhaft galten. Die Wachstumsraten waren hoch und die Staatsverschuldung lag noch 2008 bei 48,9 Prozent des Bruttoinlandsprdoukts (BIP). Der deutsche Finanzminister konnte beim Blick nach Zypern neidisch werden. Wie schnell sich die Dinge ändern können, zeigte jedoch die Entwicklung der letzten Jahre. 2011 lag die Verschuldungsquote schon bei 71,1 Prozent. Bis 2012 stieg sie auf rund 90 Prozent und mit der Vergabe der so genannten Rettungskredite wird sie weit in den dreistelligen Bereich hochschnellen.

Von der europäischen Krisendynamik erfasst wurde Zypern wegen seines relativ großen Finanzsektors und dessen enger Verwobenheit mit griechischen Banken. Die ansteigende Staatsverschuldung ist einerseits Folge von Bankenrettungsaktionen, die nach dem griechischen Schuldenschnitt Anfang 2012 erfolgten und andererseits von einem wirtschaftlichen Abschwung, der auf die Krise in Zyperns wichtigsten Handelspartner-Ländern zurückgeht. Deswegen gibt die Krise sachlich betrachtet durchaus Anlass zu einer Regulierung und Schrumpfung des zyprischen Finanzsektors, nicht aber zu einer Neoliberalisierung der Haushalts- und Wirtschaftspolitik, wie sie die Troika nun durchzusetzen gedenkt.

Gigantische Abwärtsspirale wird in Gang gesetzt
 

Das Memorandum, über das der Bundestag bald zu befinden hat, wird ähnlich wie in den Fällen Griechenland, Portugal und Irland zahlreiche Maßnahmen enthalten, die Zypern auf den Pfad neoliberaler Wirtschaftsideologie führen: Entlassungen im öffentlichen Sektor, Lohn- und Rentenkürzungen, Abbau von Gesundheitsdienstleistungen etc.. Hinzu kommt ein Privatisierungsprogramm, gegen das sich die vorherige zyprische Regierung noch erfolgreich gewehrt hat. All das ist in Zypern ökonomisch genauso schwachsinnig wie an den anderen Orten, an denen die Troika wütet. Die Folgen sind immer dieselben: Die Einkommen der Bevölkerung – und damit die Kaufkraft – werden verringert, die Nachfrage geht zurück, kleine und mittlere Unternehmen müssen schließen, die Arbeitslosigkeit steigt. Dadurch geht die Nachfrage weiter zurück, noch mehr Läden müssen schließen und so weiter. Eine gigantische Abwärtsspirale wird in Gang gesetzt.

Doch damit nicht genug, in Zypern kommt ein weiteres hinzu: Laut Beschluss der Euro-Finanzminister sollen alle (!) Spareinlagen auf zyprischen Banken mit einer Zwangsabgabe an der Rettungsaktion beteiligt werden. Auch Kleinsparer sollten nicht ausgenommen werden.  Ob das durchsetzbar ist, ist unklar. Doch selbst wenn die massiven Proteste in Zypern und die wackeligen parlamentarischen Mehrheiten die Beteiligung von Kleinsparern aufhalten können, haben die Finanzminister ein klares Zeichen gesetzt: Sie sind zu allem fähig! Wenn es darum geht, die Banken zu retten, sind nicht mal die Spareinlagen der kleinen Leute Tabu.

Verunsicherung in der  ganzen Eurozone geschaffen
 

Es wäre naiv zu glauben, dass dieser Tabubruch nur für Zypern gilt. Die Verunsicherung wächst vielerorts. Ein "Bankrun" mit verheerenden volkswirtschaftlichen Folgen ist in ganz Südeuropa ein wahrscheinliches Szenario. Und auch die Garantie der Bundeskanzlerin von 2008 gegenüber den deutschen Sparern hat an Glaubwürdigkeit verloren. Die Finanzminister haben eine Verunsicherung in der ganzen Eurozone geschaffen, die die Krise nur weiter anheizen wird.

Statt einer neoliberalen Spardogmatik und der Abzocke von Kleinsparern müssen die Eigentümer maroder Banken und die Gläubiger der Staaten an den Kosten der Krise beteiligt werden. Schuldenschnitt und Vermögensabgabe wären die geeigneten Instrumente zur Beteiligung Privater an den Krisenkosten. Zudem braucht es eine strenge Regulierung der Finanzmärkte und sinnvolle Impulse für Wachstum und Beschäftigung. Leider ist all das, das schiere Gegenteil von dem, was Wolfgang Schäuble und Kollegen in Zypern gerade verzapfen. Sie werden weder Zypern noch den Euro retten. Die Krise wird sich verschärfen und die Kosten werden nach unten umverteilt. Deswegen wird die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag keinen ESM-Krediten für Zypern zustimmen. Mit einem Entschließungsantrag werden wir den Bundestag auffordern, der Neoliberalisierung Europas nicht zuzustimmen und stattdessen eine solidarische Anti-Krisenpolitik zu vertreten.

linksfraktion.de, 19. März 2013