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Zimmer mit Aussicht

Kolumne von Cornelia Möhring,

Von Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin und Mitglied des Vorstandes der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Weltweit wird am 25. November gegen Gewalt an Frauen protestiert. Politikerinnen und Politiker aller Farbenspiele sind sich zumindest an diesem Tag einig: Gewalt gegen Frauen muss geächtet und überwunden werden. Doch an den restlichen 364 Tagen des Jahres bleiben die Forderungen der Frauenbewegungen meist ungehört. Dabei sind es vor allem ihre Aktivistinnen, die Einrichtungen zum Schutz und zur Unterstützung der Opfer betreiben.

Vor mehr als 30 Jahren wurden die ersten Frauenhäuser in der Bundesrepublik gegründet. Von Anfang an stehen sie für die Forderung, dass jede Frau Zuflucht und Hilfe finden können muss - unabhängig von ihrem Geldbeutel und ihrer Herkunft. Doch von diesem Ziel sind wir heute weiter entfernt, als viele ahnen.

Eine ausreichende Anzahl an Schutzeinrichtungen wäre dafür eine wesentliche Bedingung. Die Europäische Kommission empfiehlt für Deutschland 11 800 Plätze, doch es gibt gerade einmal 7000. Und wie lange selbst diese erhalten werden können, ist ungewiss. Denn das Wasser steht den meisten Frauenhäusern bis zum Hals. Einige Einrichtungen stehen vor dem Aus.

Die Finanzierung des Hilfenetzes wird den Ländern und Kommunen überlassen, die nach Kassenlage und nicht nach Notwendigkeit entscheiden müssen. Die Folge sind nicht nur erhebliche regionale Unterschiede in der Versorgung. In den meisten Bundesländern wurde mittlerweile die pauschale Finanzierung abgeschafft. Stattdessen wurden sogenannte „einzelfallbezogene Tagessätze“ eingeführt. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Opfer zynischerweise zu Selbstzahlerinnen gemacht werden - als ob ein Frauenhaus ein Hotel wäre, dass seine Betten möglichst mit liquiden Gästen auslasten könnte oder wollte.

DIE LINKE streitet für eine bundeseinheitliche Finanzierung der bestehenden Schutzeinrichtungen. Wir wollen, dass alle erforderlichen Leistungen wieder pauschal finanziert werden. Dazu gehört Unterkunft, Betreuung, Prävention und Aufklärungsarbeit sowie die Vernetzung der Schutzeinrichtungen. Bereits in der letzten Legislatur hatte die Fraktion DIE LINKE dieses Thema auf die Agenda des Bundestages gesetzt. 2008 wurde die Misere der Frauenhäuser erstmalig im Rahmen einer öffentlichen Bundestagsanhörung behandelt.

Mit unseren Forderungen stehen wir nicht allein. Selbst die Vereinten Nationen haben die Bundesregierung mittlerweile aufgefordert, eine ausreichende Zahl an Frauenhausplätzen im gesamten Bundesgebiet zu gewährleisten. Diese sollen angemessen ausgestattet sein und allen Frauen unabhängig von ihrer finanziellen Situation offenstehen.

Doch die Große Koalition konnte sich nur zu „Prüfaufträgen“ durchringen. Dabei ist jede Verzögerung fahrlässig. Aber wir bleiben dran und machen weiter Druck- und das nicht nur am 25. November. Jedes Zimmer in jedem Frauenhaus muss für seine Bewohnerin eine Aussicht auf eine gewaltfreie Zukunft bieten.