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Zeit für Investitionen!

Im Wortlaut von Alexander Ulrich,

Von Alexander Ulrich, industriepolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag


Es war schon ein erstaunlicher Vorgang letzte Woche, als der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann und BDI-Chef Dieter Kempf gemeinsam vor die Presse traten, um eine 450 Milliarden Euro schwere Investitionsoffensive zu fordern. Das Konzept hat natürlich Kompromisscharakter, ist aber durchdacht und enthält viele richtige Ansätze, wie etwa öffentliche Investitionen in den Wohnungsbau, den Klimaschutz und kommunale Infrastruktur.

Ein nicht ganz kleiner Schritt in die richtige Richtung

Die Gewerkschaften fordern schon lange mehr öffentliche Investitionen. Dass die Arbeitgeber sich dieser Forderung anschließen, ist hingegen neu. Bisher plädierten BDI und Co für einen schlanken Staat, strikte Haushaltsdisziplin und Vorfahrt für Private. Die aufziehende Rezession hat offenbar zu einem begrüßenswerten Umdenken geführt. Zwar fällt das vorgeschlagene Konzept immer noch deutlich hinter das zurück, was wir für notwendig halten. Aber es ist ein – nicht ganz kleiner – Schritt in die richtige Richtung.

Erstaunlich ist jedoch leider nicht nur der Kurswechsel des Industrieverbandes, sondern auch die völlige Grenzenlosigkeit der Sturheit auf der bundesdeutschen Regierungsbank. Nur ein Tag musste nach dem Auftritt von Hoffmann und Kempf vergehen, bis Kanzlerin Angela Merkel einmal mehr betonte, vom Kurs der strikten Haushaltsdisziplin werde nicht abgewichen. Rezession, Klimawandel, soziale Spaltung und marode Infrastruktur – alles egal. Hauptsache, die "schwarze Null" steht. Deutschland spart sich in die Mehrfachkrise und wird ganz nebenbei vom Motor zur Bremse Europas. Es lebe die schwäbische Hausfrau!

Umstände für öffentliche Investitionen sind besser denn je

Dabei gäbe es selbst unter Einhaltung der unsinnigen Schuldenbremse noch Spielräume für Investitionen im zweistelligen Milliardenbereich. Erst am Mittwoch forderte die EU-Kommission Deutschland erneut auf, endlich mehr Geld in die Hand zu nehmen, um dem wirtschaftlichen Abschwung entgegenzuwirken. Doch das geht in Berliner Regierungskreisen offenbar hier rein, da raus, ohne dass viel hängen bleibt. Und das obwohl die Umstände für breit angelegte öffentliche Investitionen besser sind denn je. Mit den strikten Schuldenregeln der EU droht kein Konflikt. Der deutsche Haushalt ist Maastricht-konform. Zudem bietet das gegenwärtige Niedrigzinsumfeld beste Voraussetzungen für höhere Ausgaben zu guten Konditionen.

Auch an Bedarf fehlt es nicht. Die Industrie steht vor großen Umbrüchen, die politische gestaltet werden müssen. Die Klimaziele rücken in immer weitere Ferne. Bei der Digitalisierung ist Deutschland im Vergleich der Industrieländer Schlusslicht. Und die Rezession droht zu einer handfesten Wirtschaftskrise zu werden. All das sind Probleme, die eng mit der erzkonservativen Finanzpolitik der schwarz-roten Bundesregierung zusammenhängen. Probleme, die man mit gezielten öffentlichen Investitionen sehr gut angehen könnte. Der Druck zur Abkehr von der schwarzen Null wird weiter wachsen. Das ist auch bitter nötig!