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Non-Violence-Statue vor dem Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York © UN Photo/Mark GartenFoto: UN Photo/Mark Garten

Zeit für eine neue Entspannungspolitik

Im Wortlaut von Gregor Gysi, Wetzlaer Neue Zeitung,

Von Gregor Gysi

US-Präsident Trump hat einen bereits eingeleiteten Vergeltungsschlag gegen iranische Militäranlagen kurz vor dessen Ausführung gestoppt, nachdem zuvor der Iran eine unbemannte US-Drohne abgeschossen hatte. Unabhängig davon, welche Motive ihn dabei bewegt haben, zeigt dies, wie nah die Welt vor einer gefährlichen Zuspitzung eines Konflikts steht, der schnell die ganze Region in Brand setzen kann.

Denn sowohl der Krieg im Jemen als auch der in Syrien und der Nahost-Konflikt insgesamt würden in diesem Fall militärisch weiter intensiviert werden. Die Auswirkungen beträfen humanitär, wirtschaftlich und ökologisch die ganze Welt. Der UN-Sicherheitsrat hat die USA und den Iran zu „maximaler Zurückhaltung“ und einer Wiederaufnahme des Dialogs aufgefordert, doch gegenseitige Schuldzuweisungen bestimmen die Politik. Nun will der Iran Uran über die im Abkommen vereinbarten Grenzwerte hinaus anreichern.

Die Spirale der verbalen und realen Gewalt ist in Gang gesetzt worden, als die USA das Atom-Abkommen mit dem Iran kündigten, das ein gelungenes Beispiel dafür war, schwierige internationale Konflikte auf dem Verhandlungsweg zu lösen. Trump entschied sich, nationalen Egoismus und Kraftmeierei zur Grundlage seiner Außenpolitik zu machen. Dies ist ein fataler Freibrief, sich an internationale Vereinbarungen und Völkerrecht nur noch dann halten zu müssen, wenn es einem passt.
Damit ist die Welt an einen Punkt gelangt, an dem die gesamte Nachkriegsordnung in Frage steht. Obwohl im Völkerrecht das Gewaltverbot der entscheidende Grundsatz in den internationalen Beziehungen ist, sind Kriege wieder zum Alltag geworden, deren Schrecken häufig nicht mal mehr  eine Randnotiz in den Medien sind. Leider trägt auch Deutschland schon durch Waffenexporte seinen Teil zu dieser Entwicklung bei.

Die Bundesregierung hat seit Beginn des Jahres für über eine Milliarde Euro Waffenexporte an Länder genehmigt, die am Jemen-Krieg beteiligt sind. Export-Verbote zum Beispiel an Saudi Arabien hielten nur kurz. An Sanktionen, wie man sie in den Koalitionsparteien etwa gegenüber Russland für unabdingbar hält, denkt dort keiner. Im gleichen Atemzug sollen zig Milliarden in eine Aufrüstung der Bundeswehr fließen, um sie noch mehr als bisher weltweit einsetzen zu können.
Die deutsche Außenpolitik macht sich damit unglaubwürdig und gibt leichtfertig das Erbe der Entspannungspolitik auf, die in den Zeiten der Systemauseinandersetzung nicht nur dazu führte, dass aus dem Kalten Krieg kein heißer wurde, sondern sich auch Schritt für Schritt die Beziehungen zwischen den Ländern verbesserten. Man stelle sich nur vor, was eine von diesem Geist getragene Außenpolitik heute in den internationalen Beziehungen bewirken könnte.
Ein erster Schritt in Richtung Glaubwürdigkeit wäre ein konsequent eingehaltenes Verbot von Rüstungsexporten an alle kriegführenden Staaten. Ein zweiter Schritt müsste in die Richtung gehen, das Duckmäusertum gegenüber den USA aufzugeben und deren Eskalationskurs gegenüber dem Iran und auch Russland nicht mehr zu folgen. Gerade wenn es auch um die Menschenrechte in diesen Ländern geht, sollte man sich erinnern, was die Politik des Wandels durch Annäherung diesbezüglich erreicht hat.

 

Wetzlaer Neue Zeitung,