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Zahl der Aufstocker durch Kinderzuschlagsregelung geschönt

Nachricht von Sabine Zimmermann,

Immer wieder wird in der Öffentlichkeit über das Problem der Aufstocker gestritten, also der Menschen, die trotz Arbeit Hartz IV beziehen. Weitgehend unbekannt ist, dass zehntausende Familien gar nicht mehr in der Aufstocker-Statistik auftauchen, weil sie unter die 2008 reformierte Kinderzuschlagsregelung fallen. Im April 2013 betraf dies 77 248 Familien mit 205 921 Kindern. Das sind etwa sechsmal so viel wie 2007. Seit 2005 sind für die aufstockenden Leistungen des Kinderzuschlags über 2 Milliarden Euro aufgewendet worden. Das geht aus einer Anfrage von Sabine Zimmermann bei der Bundesagentur für Arbeit hervor.

"Es ist traurige Realität in Deutschland, dass hunderttausende Kinder auf Hartz-Niveau leben, obwohl ihre Eltern arbeiten. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Regierung einen Mindestlohn verweigert und Billigjobs fördert. Das Aufstockerproblem ist noch größer als bekannt, wie das Ausmaß und die Entwicklung des Kinderzuschlags zeigen", sagt Zimmermann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Sie sieht dringenden Handlungsbedarf: "Am 1. Juni ist Internationaler Kindertag. Es wäre ein guter Vorsatz für die Regierung, noch in dieser Wahlperiode einen gesetzlichen Mindestlohn zu beschließen, der seinen Namen verdient. Prekäre Beschäftigung wie Minijobs und Leiharbeit muss zurück gedrängt werden."

In den zurückliegenden fünf Jahren nahm die Zahl der Kinderzuschlagbezieher rasant zu. Im Dezember 2007 lag die Zahl der Fälle noch bei 11 295. Ein Jahr später nach Reform lag die Zahl bereits bei 50 026, im Dezember 2012 bei 76 307. Die Zahl der betroffenen Kinder stieg sich in dem Zeitraum von 32 043 auf 200 645. Seit 2005 wurden seitens des Staates bisher 2,2 Milliarden Euro aufgebracht, in den zurückliegenden Jahren jährlich etwa 400 Millionen Euro. Der monatliche Zahlbetrag pro Kind liegt derzeit bei ca. 110 Euro.

Der Kinderzuschlag ist eine gesetzliche Regelung, die im Zuge des Hartz IV-Systems entstand. Sie soll vermeiden, dass erwerbstätige Eltern nur wegen der Kinder auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind. Liegt ihr Familieneinkommen geringfügig unter der Hartz IV-Grenze kann der Kinderzuschlag gezahlt werden. Im Oktober 2008 wurde der Zugang zum Kinderzuschlag erleichtert. Der Zuschlag stockt das Einkommen bis zur Hartz IV-Bedarfsschwelle auf und beträgt höchstens 140 Euro. Elternpaare müssen mindestens ein Einkommen von 900 Euro, Alleinerziehende von 600 Euro nachweisen, um antragsberechtigt zu sein.

Die vorliegenden Zahlen zu den Beziehenden von Kinderzuschlag deuten allerdings nur eine untere Grenze an. Sie betreffen nur die Fälle, in denen Kinderzuschlag laufend gezahlt wird. Nicht enthalten sind Fälle, in denen Kinderzuschlag nachträglich für einen bestimmten Zeitraum gezahlt wird. Darüber hinaus kann mit dem Kinderzuschlag der Verlust anderer Leistungen nach dem SGB II verbunden sein. Das betrifft die so genannten Mehrbedarfe etwa für Alleinerziehende oder bei Schwangerschaft.

Nachwievor jedoch ist der Großteil der Familien, in denen Eltern trotz Arbeit Arbeitslosengeld II beziehen, im Hartz IV-System zu finden. Von den aktuell 1,32 Millionen Aufstockern haben 586 000 Haushalte Kinder. Mit 302 107 Haushalten gehen über die Hälfte der betroffenen Eltern einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach und erhalten zugleich ergänzendes Arbeitslosengeld II (September 2012). Dabei handelt es sich um 116 419 Alleinerziehende und 185 688 Paare mit Kindern.