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Wohnungen an Heuschrecken?

Im Wortlaut von Heidrun Bluhm-Förster,

Heidrun Bluhm, bau- und wohnungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

 


 

Frau Bluhm, die Linksfraktion im Bundestag will die Privatisierung der bundeseigenen TLG-Wohnungen in Ostdeutschland verhindern. Ein entsprechender Antrag wurde bereits eingereicht. Ist der Verkauf überhaupt zu stoppen? Schließlich behauptet die Bundesregierung, der Verkauf sei gesetzlich geboten.

Heidrun Bluhm: Es besteht aber keine Pflicht, die Wohnungen an einen Finanzinvestor zu verkaufen. Deshalb fordern wir in dem Antrag auch, dass die Treuhandnachfolgerin TLG Immobilien gemeinsam mit den Ländern Möglichkeiten finden soll, wie diese 12000 Wohneinheiten den kommunalen Wohnungsgesellschaften oder Genossenschaften überlassen werden können.

Das heißt: Kommunale Wohnungsunternehmen würden das jeweilige TLG-Kontingent in ihrem Einflussbereich übernehmen?

Ja, wenn der Preis stimmt und das alles ordentlich geführt ist, dann könnten diese Unternehmen mit Hilfe des Landes zum Beispiel revolvierende Fonds des sozialen Wohnungsbaus nutzen und diese Wohnungen erwerben.

Das müsste doch problemlos möglich sein ….

Ja, in der Regel ist das möglich. Aber der Bund muss das auch wollen. Im Moment will der zuständige Finanzminister Schäuble (CDU) die TLG-Wohnen-GmbH als ganzes Unternehmen verkaufen, also mit allen Standorten von Rostock bis Dresden. Kein kommunales Wohnungsunternehmen wäre in der Lage, für dieses Gesamtpaket 570 Millionen Euro hinzublättern. Deshalb muss die Paketlösung, die ganz klar auf Privatisierung abzielt, unbedingt verhindert werden.

Und eine solche Aufteilung wäre auch vom Gesetz gedeckt?

Das Gesetz verbietet es nicht, diese Stückelung vorzunehmen und den Städten diese Wohnungen zum Kauf anzubieten.

Wie kam die Treuhand eigentlich an den Wohnungsbestand?

Das sind ehemalige Betriebswohnungen, die nicht in die kommunalen Gesellschaften übertragen worden sind. Die TLG hat damals auch Wohnungen übernommen, die nicht eindeutig kommunalen Strukturen zugeordnet werden konnten. Und im Übrigen hat sie dafür niemals einen Kaufpreis bezahlt. Das alles erfolgte über Vermögenszuordnungen.

Und jetzt will der Bund mit diesen Geschenken Kasse machen?

Es wurden ja zwischenzeitlich schon mehrere Pakete an Interessierte verkauft. Doch diesmal geschieht das nicht. Diesmal gibt es nur die Gesamtlösung. Für uns ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass der Bund nur an internationale Immobilienfonds mit der notwendigen Liquidität verkaufen will. Heuschrecken als Vermieter: Das darf nicht sein! Uns ist es wichtig, dass wir die Mieterinnen und Mieter auf Dauer in diesen Wohnungen halten können.

Bundesminister Schäuble will die Rechte der Mieter per Sozialcharta schützen. Reicht das nicht aus?

Auf keinen Fall. Wenn die TLG-Gesellschaft hinterher zerlegt wird – in rentable und unrentable Stücke –, dann wird diese Sozialcharta beim Weiterverkauf in Tochtergesellschaften nicht weitergegeben, verfällt also. Und außerdem ist sie auch nicht justiziabel.

Fragen: Fabian Lambeck

neues deutschland, 11. April 2012