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»Wir haben es satt« – Widerstand organisieren und unterstützen

Im Wortlaut von Kirsten Tackmann,

Kirsten Tackmann, das ist nun schon die vierte Demo unter dem gleichen Motto. Wird´s nicht langsam langweilig?

Kirsten Tackmann: Nein, ganz und gar nicht. Die Probleme bestehen ja auch weiter. Das mobilisiert tausende Menschen aus der ganzen Republik. Der Demoaufruf unterscheidet sich jedoch von Jahr zu Jahr. Dieses Mal können wir ihn zu 100 Prozent unterstützen, weil es z.B. endlich auch mal um die Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft geht. Wir rufen dazu auf, nach Berlin zu kommen und auf die Straße zu gehen, weil wir nicht wollen, dass dort nur grüne Fahnen wehen. Rote Fahnen sind gerade bei diesem Thema wichtig! Landwirtschaft geht uns alle an! Die Kritik am Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA finde ich gerade als Agrarpolitikerin sehr wichtig. Hier muss ganz klar „nein“ gesagt werden.

Was stört Sie denn an diesem Abkommen?

In den USA wird der Verbraucherschutz ganz klein und die Macht der Ernährungsindustrie ganz groß geschrieben. In der EU ist das Prinzip des vorsorgenden Verbraucherschutzes etabliert, wenn auch nicht immer konsequent. In Amerika übliche Praxis wie beispielsweise Hühnchenfleisch mit Chlor zu desinfizieren oder in der Tierhaltung Hormone als Wachstumsbeschleuniger einzusetzen, ist hier verboten. Doch Zugeständnisse im Agrarbereich gegen Zusagen bei Industrie und Dienstleistungen sind WTO-Tradition. Deshalb sind wir misstrauisch. Für die mächtige US-Konzernlobby ist Verbraucherschutz ein Handelshemmniss, das verhindert werden muss. Das betrifft übrigens auch das Thema Klonfleisch oder Gentechnik. Hier wollen wir Widerstand organisieren und unterstützen.

Zurück zur Demo: Ein Kritikpunkt ist immer wieder die so genannte Massentierhaltung…

… das ist auch verständlich. Die Art und Weise, wie Nutztiere gehalten werden, wird seit einigen Jahren kontrovers diskutiert. Immer mehr Menschen wollen wissen, wie ihre Lebensmittel produziert werden. Und sie wollen Verantwortung übernehmen. Klar, dass sie dabei auch die Haltungssysteme hinterfragen. Wir als LINKE finden den Begriff „Massentierhaltung“ irreführend, denn wo fängt Masse denn eigentlich an? Aber gerade wir fordern Obergrenzen für Dichte und Größe von Tierbeständen an Standorten und in Regionen, die andere vielleicht als Massentierhaltung bezeichnen würden. Wir wollen eine flächenbezogene Tierhaltung und mehr Tiergesundheit. Das bedeutet, es sollen zukünftig nur so viele Tiere gehalten werden, wie Fläche in der Nähe zum Anbau von Futtermitteln und zur Ausbringung von Wirtschaftsdüngern, also zum Beispiel Mist oder Gülle, zur Verfügung steht. Ställe, Auslaufflächen und die Bestandsbetreuung müssen vorsorglich auf mehr Tiergesundheit ausgerichtet werden. Das umfasst übrigens deutlich mehr als der enge Begriff von mehr Tierschutz bei den Grünen.

Womit wir beim Thema „Arbeit in der Landwirtschaft“ wären…

Genau, das ist mir sehr wichtig. Bei der Diskussion um mehr Umweltgerechtigkeit und Tierschutz dürfen die Menschen nicht vergessen werden. Es kann auch bei der sehr arbeitsintensiven Tierhaltung nicht nur darum gehen, die Bedingungen für die Tiere zu verbessern, sondern unbedingt auch für das Betreuungspersonal. Arbeitszeiten und Einkommen sind hierbei zu nennen oder auch technische Lösungen zur Arbeitserleichterung und besseren Gesundheits- und Arbeitsschutz sowie Aus- und Weiterbildung. Auch die Zusammenarbeit zwischen der Tierhalterin oder dem Tierhalter und  der Tierärztin oder dem Tierarzt ist unbedingt zu verbessern, damit eine integrierte Betreuung möglich wird. DIE LINKE ist bisher leider die einzige Partei, die soziale Probleme in der Landwirtschaft konsequent thematisiert.

linksfraktion.de, 8. Januar 2014