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»Wir brauchen dringend eine zweite Bahnreform«

Im Wortlaut von Sabine Leidig,

 

Von Sabine Leidig, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion

 

Die Antwort der Bundesregierung auf unsere Große Anfrage zum Thema Bahnreform hat noch einmal ganz deutlich gemacht, was uns im Prinzip auch vorher schon klar war: Die Bahnreform von 1993/94 ist gescheitert. Weder hat sie größere Anteile des weiter wachsenden Verkehrs auf die Schiene gebracht noch hat sie zu einer Verbesserung des Verkehrs geführt. Die Fahrpreise sind massiv angestiegen und der Bundeshaushalt ist auch nicht wie beabsichtigt entlastet worden. Lediglich die Regionalisierung ist teilweise eine Erfolgsstory; durch die solide Finanzierung über die Regionalisierungsmittel konnten in vielen Gegenden erheblich Fahrgäste hinzugewonnen werden.

Unterm Strich bleibt als Bilanz jedoch festzuhalten:
  • Nach der Bahnreform wurden noch einmal über 5000 Kilometer (17 Prozent) des Streckennetzes stillgelegt.
  • Zahlreiche Weichen und Kreuzungen wurden aus dem Streckennetz herausgerissen, wodurch die Kapazität des Netzes erheblich reduziert wurde.
  • Die Fernverkehrsanbindung vieler Städte hat sich erheblich verschlechtert, was insbesondere auf die Abschaffung des InterRegio zurückzuführen ist. Viele Menschen im Land haben keine brauchbare Bahnanbindung mehr.
  • Die Qualität insbesondere des Bahn-Fernverkehrs hat sich erheblich verschlechtert – bei gleichzeitig steil ansteigenden Preisen.
  • Aus vielen internationalen Verbindungen hat die Bahn sich zurückgezogen, ganz besonders aus dem Nachtzugverkehr. Dadurch ist die Bahn auf vielen Strecken nun keine Alternative mehr zum Flugverkehr.
  • Auch im Güterverkehr hat die Bahn sich aus vielen Sparten zurückgezogen. Tausende von Unternehmen haben ihre Gleisanschlüsse verloren und können nun nicht mehr direkt mit der Bahn transportieren.
  • Die DB AG ist seit der Bahnreform zu einem Immobilienspekulanten geworden und hat große Anteile des Tafelsilbers der Bahn verkauft – Grundstücke und viele Bahnhofsgebäude.
  • Viele Bahnhöfe abseits der großen Strecken sind in einem erbarmungswürdigen Zustand und machen alles andere als Werbung fürs Bahnfahren.
  • Die DB AG ist zu einem Moloch aus hunderten von Unternehmen geworden, die oft mit Bahn herzlich wenig zu tun haben.

 

Wir fordern daher dringend eine zweite Bahnreform. Die DB darf nicht weiter als rein profitorientiertes Unternehmen arbeiten, sondern sie muss zuallererst das Gemeinwohl im Fokus haben. Das heißt in diesem Fall vor allem: Sie muss die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen im ganzen Land – und nicht nur entlang einiger Hauptstrecken – erfüllen. Dazu muss der Bund der DB klare Vorgaben machen, welchen Verkehr in welcher Qualität sie mindestens zu leisten hat. Ein Fernverkehrsgesetz, wie es auch im Grundgesetz (Art. 87e, Abs. 4) gefordert ist, ist dafür überfällig. Bei der zweiten Bahnreform darf es aber nicht erneut nur um die Organisationsstruktur der Bahn gehen, sondern die Bahnreform muss in eine Verkehrsmarktreform eingebunden werden. Es muss endlich Schluss damit sein, dass der Flugverkehr komplett von Energiesteuern (Kerosinsteuer) befreit ist und im grenzüberschreitenden Verkehr keine Mehrwertsteuer zahlt, während die Bahn Energiesteuern und sogar noch EEG-Umlage zahlen muss und der Bahn-Fernverkehr immer 19 Prozent Mehrwertsteuer trägt. Nur wenn die Verkehrsträger gleiche Bedingungen haben, kann die Bahn ihre Marktanteile wirklich erhöhen.

 

linksfraktion.de, 18. Dezember 2014