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Whistleblower schützen, Zivilcourage stärken

Nachricht von Karin Binder,

Eine Anhörung im Bundestag soll klären, warum sich die Bundesregierung seit Jahren weigert, internationale Abkommen zum Schutz von Hinweisgebern umzusetzen. Die Linksfraktion fordert ein Whistleblower-Schutzgesetz, um Demokratie und Meinungsfreiheit zu stärken sowie einer Gesellschaft des Wegsehens und der Korruption entgegenzutreten.   Wer in Deutschland auf Missstände in Unternehmen oder Behörden aufmerksam macht und andere Menschen vor Schaden bewahren möchten, riskiert oft seinen Job und sein Geld. In Berlin wurde ein Krankenwagenfahrer entlassen, weil er auf unhaltbare Zustände hinwies. Ständig gab es 12-Stunden-Schichten ohne Pausen. Nach dem Transport hoch ansteckender Patienten wurden Rettungswagen nicht desinfiziert und oft waren die Fahrzeuge nicht verkehrssicher. Immer wieder werden Altenpflegerinnen entlassen, wenn sie auf unwürdige Zustände und Arbeitsüberlastung in Pflegheimen aufmerksam machen. Ob Gammelfleisch, Steuerhinterziehung oder Korruption: Es gibt zahlreiche Beispiele für das Aufdecken von Missständen in Unternehmen und Behörden. Fast immer wurden die Hinweisgeber allein gelassen und verloren ihren Job.   Die Bundesregierung lässt diese Menschen ganz bewusst ins offene Messer laufen. Sie weigert sich seit vielen Jahren, Hinweisgeber gesetzlich zu schützen, obwohl Whistleblower vom Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch machen. Sie handeln im Sinne einer demokratischen Gesellschaft und übernehmen Verantwortung für ihre Mitmenschen. In einer Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestags soll am 16. März 2015 der Frage nachgegangen werden, warum sich die Bundesregierung weigert, internationale Vereinbarungen zum Schutz von Whistleblowern umzusetzen. Die Sachverständige Annegret Falter vom Whistleblower-Netzwerk e.V. wird darlegen, wie ein Whistleblower-Schutzgesetz aussehen kann (Stellungnahme).   Grundlage der Anhörung ist der Antrag der Linksfraktion „Gesellschaftliche Bedeutung von Whistleblowing anerkennen – Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber schützen“. Darin wird ein Whistleblower-Schutzgesetz gefordert, das mutige Menschen wirksam schützt. Danach müssen Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber vor Verfolgung und Herabsetzung geschützt werden, egal ob sie selbst handeln oder andere Whistleblower unterstützen. Das gilt für Beschäftigte in Unternehmen, in Behörden und auch bei den Geheimdiensten oder der Bundeswehr. Im Arbeits- und Beamtenrecht ist der Schutz vor Entlassung, Strafversetzung und Gehaltsverlust sicherzustellen. Hinweisgeber müssen vor Verfolgung wegen übler Nachrede oder der Verletzung von Amts- und Geschäftsgeheimnissen geschützt sein.   Natürlich sind Hinweisgeber keine Rechtsfachleute. Deshalb muss ihr gutgläubiges Handeln gewürdigt werden. Ob beispielsweise wirklich eine „schwere Straftat“ vorliegt, kann ein Beschäftigter kaum abschätzen. Wer Missstände anzeigen will, muss deshalb auch frei wählen können, auf welchem Wege er das tut. Der Gang zu Vorgesetzten ist oft riskant. Der direkte Weg zu den Medien darf nicht eingeschränkt werden. Zudem muss eine unabhängige Ombudsstelle eingerichtet werden. Hinweisgeber müssen sich in jeder Form und unbürokratisch an diese Stellen wenden können. Natürlich muss ein Gesetz zum Schutz von Hinweisgebern auch finanzielle Hilfen für geschädigte Whistleblower vorsehen.   Whistleblowing ist kein Denunziantentum, wie es Wirtschaftsvertreter gern darstellen. Wir brauchen in unserer Gesellschaft endlich ein Klima, das Zivilcourage fördert und mutige Menschen nicht allein lässt. Wir haben die Pflicht, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schützen, die sich für andere Menschen und unsere Gesellschaft stark machen. Werden Whistleblower nicht wirksam geschützt, nehmen wir eine Gesellschaft des Wegsehens und der Korruption hin.   Die Anhörung ist öffentlich. Informationen zu Anmeldung und Tagesordnung finden Sie hier. Die Anhörung wird zeitversetzt am Dienstag, 17. März ab 14 Uhr auf bundestag.de übertragen.   linksfraktion.de, 12. März 2015