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Westerwelle will EU-Verträge ändern

Nachricht von Diether Dehm,

Seit Monaten malen die Nachrichten zur Krise in Europa ein immer düsteres Bild: Griechenland, Portugal, Irland, Spanien und jetzt auch noch Italien – es drängt sich das Gefühl auf, dass die Spirale immer tiefer geht und kein Ende abzusehen ist. Auch der aufgespannte und ausgeweitete „Euro-Rettungsschirm“ scheint keine effektiven Lösungen zu bieten. Und weil das so ist, soll jetzt das letzte Mittel ergriffen werden: Änderung der EU-Verträge.

Mit diesem Thema begann am 9. November die öffentliche Sitzung des EU-Ausschusses im Deutschen Bundestag. Bundesaußenminister Westerwelle war persönlich gekommen, um die Parlamentarierinnen und Parlamentarier über die Vorstellungen der Bundesregierung zu informieren, wie die Verträge der EU geändert werden sollen. Er meinte, dass die Aufgabe, die sich jetzt stelle, sei, eine Brandmauer in Europa zu ziehen. Strikte Haushaltsdisziplin, ein Stabilitätskommissar, Verklagen von „Schuldensündern“ vor dem Gerichtshof der Europäischen Union, Durchgriffsrechte gegenüber den nationalstaatlichen Haushalten – all dies soll zu mehr Haushaltsdisziplin und zur Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes beitragen. Zwar sollten nach Westerwelle keine Länder vom Prozess der Vertragsänderung ausgeschlossen werden, sollten jedoch nicht alle Mitgliedstaaten mitmachen wollen, könnte man den Weg zwischenstaatlicher Vereinbarungen gehen, die dann später ins Vertragswerk überführt werden können.

Die Kritik der Opposition bliebe Westerwelle nicht erspart, da die – im übrigen gesetzlich festgeschriebene - Unterrichtung etwas verspätet kam: Bereits am 23. Oktober 2011 haben die Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder auf dem EU-Gipfel in Brüssel den EU-Ratspräsidenten Herman van Rompuy beauftragt, auf dem Europäischen Gipfel im Dezember einen Bericht über die möglichen und notwendigen Vertragsänderungen vorzulegen. Wenige Tage danach berichteten die Medien über ein Strategiepapier des Auswärtigen Amtes und zitierten daraus die konkreten Vorstellungen von deutscher Seite zum Thema Vertragsänderung. „Und wir als demokratisch gewählte Abgeordneten haben den Text erst sehr spät erhalten“, kritisierte Dr. Diether Dehm, Europapolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE.

Als einzige im Parlament vertretene Fraktion hat DIE LINKE den Vertrag von Lissabon 2008 abgelehnt. Sie hat schon damals darauf hingewiesen, dass dieser Vertrag keine Grundlage für eine zukunftsfähige Europäische Union sein kann. Zwei Jahre nach seinem Inkrafttreten liegt das auf der Hand. „Zweifelsohne müssen die EU-Verträge grundlegend verändert werden. Ganz sicher aber nicht in eine Richtung, die die Krisenursachen weiter verschärfen wird“, so Diether Dehm. Er zeigte auf, dass mit dem Papier des Außenministeriums, das die „Schaffung einer Stabilitätsunion“  durchsetzen möchte, die Krise in der EU massiv verstärkt wird. Der europapolitische Sprecher der LINKEN weiter: „Durch die Radikalisierung des Neoliberalismus in der EU können die Ursachen der Krise nicht beseitigt werden.“

DIE LINKE weist alle Angriffe auf die Demokratie in der Europäischen Union, etwa durch die Etablierung von Durchgriffsrechten auf nationalstaatliche Haushalte, zurück. DIE LINKE. will eine Europäische Union, die Demokratie und nationalstaatliche Souveränität nicht den Finanzmärkten opfert. Daher tritt DIE LINKE für einen Neustart der Europäischen Union mit einer vollständigen Revision jener primärrechtlichen Grundelemente der EU, die militaristisch, undemokratisch und neoliberal sind, ein. DIE LINKE setzt sich für eine Verfassung ein, die von den Bürgerinnen und Bürgern mitgestaltet wird und über die sie zeitgleich in allen EU-Mitgliedstaaten in einem Referendum abstimmen können.