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Werden die Bitten gehört?

Im Wortlaut von Kersten Steinke,

Kersten Naumann (LINKE) über die Arbeit des Petitionsausschusses / Kersten Naumann ist Vorsitzende des Bundestags-Petitionsausschusses und Fraktionsmitglied der LINKEN

Wie viele Petitionen wurden 2007 von den Bürgern eingereicht?

Im letzten Jahr gingen 16 260 Petitionen ein. Aber hinter diesen mehr als 16 000 Petitionen stehen über 500 000 Bürgerinnen und Bürger, die sich auch in Form von Massen- und Sammelpetitionen beteiligt haben.

An welches Ressort richteten sich die meisten Petitionen?

Die meisten Petitionen gehen an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit nahezu einem Viertel aller Eingaben. Das war im vorigen Jahr schon so. Dann folgen das Justiz- und Finanzministerium.

Welche Konsequenzen kann das Einreichen einer Petition haben?

Natürlich richten sich Bitten und Beschwerden in den meisten Fällen gegen das Regierungshandeln oder die Behörden. Der Petitionsausschuss kann darüber abstimmen und die Bundesregierung bitten, Abhilfe zu schaffen oder Gesetze zu ändern. Der Petitionsausschuss hat kein Weisungsrecht gegenüber der Bundesregierung, was ich nicht gut finde. Er richtet sich also stets mit einer Bitte an die Regierung.

Werden die Bitten auch gehört?

Wir gehen davon aus, dass 30 bis 40 Prozent der Petenten geholfen werden kann, was aber nicht heißt, dass der Einzelfall immer als Petition gilt. Sondern im Vorfeld, wenn die Petition eingeht, gibt der Ausschussdienst eine Empfehlung für die weitere Verfahrensweise. Den Bürgern wird also gesagt, an welche Behörde sie sich wenden können. So kann ein großer Teil der Zuschriften durch Rat, Auskunft oder Zusendung von Informationsmaterialien erledigt werden.

Seit 2005 gibt es die sogenannte öffentliche Petition, die im Internet mitunterzeichnet werden kann. Machen die Bürger davon Gebrauch?

Sehr oft sogar. Im Moment läuft eine Petition zur Halbierung der Mineralölsteuer, die haben bis jetzt 120 000 Menschen im Internet unterzeichnet. Wir haben seit 2005 mehr als 600 öffentliche Petitionen ins Netz gestellt. Hier kann man die Bürger immer wieder aufrufen mitzuzeichnen. Eine solche Sammelpetition mit über 50 000 Unterzeichnern zieht unweigerlich eine öffentliche Ausschusssitzung nach sich. Im Jahr 2007 wurden fünf öffentliche Sitzungen im Beisein der Petenten durchgeführt, etwa zum Nichtraucherschutz und zum Wahlrecht.

Wie wurden Sie Vorsitzende des Petitionsausschusses?

Unserer Fraktion stehen zwei Ausschussvorsitz-Posten zu. Wir besetzen so den Vorsitz im Gesundheits- und im Petitionsausschuss. Das heißt aber nicht, dass die LINKE dort mehr zu sagen hätte als andere. Der Petitionsausschuss setzt sich aus 25 Mitgliedern der Fraktionen, also aus Koalition und Opposition zusammen. Im Ausschuss gilt das Mehrheitsprinzip wie in jedem anderen Ausschuss. Als Ausschussvorsitzende muss ich dann die Endbescheide unterzeichnen, die oft nicht meinen persönlichen und politischen Überzeugungen entsprechen.

Die LINKE plant, das Petitionsgesetz zu modernisieren. Was soll sich ändern?

Wir wollen die Mitsprachemöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger verbessern, so dass die Bearbeitungsverfahren und die Entscheidungen im Ausschuss durchschaubarer werden. Wir als LINKE wollen auch, dass die Bürgerinnen und Bürger sich aktiver einbringen können. Die PDS hatte übrigens schon im Jahre 2001 einen entsprechenden Gesetzentwurf erarbeitet.

Fragen: Fabian Lambeck

Neues Deutschland, 28. Juni 2008