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Weniger Beschäftigte durch Betriebsrat geschützt – Besonders schlimm ist die Situation in der Baubranche und im Gastgewerbe

Nachricht von Jutta Krellmann,

Auswertung der Antwort der Bundesregierung (PDF) auf die Kleine Anfrage „Mitbestimmung in Betrieben“ (Drs. 19/2778) von Jutta Krellmann u.a. und der Fraktion DIE LINKE im Bundestag


Zusammenfassung:

Die Zahl der Betriebsräte in Deutschland nimmt immer weiter ab. Immer weniger Beschäftigte werden durch einen Betriebsrat vertreten. Trotz Verpflichtung zur Betriebsratswahl im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) § 1 haben 2017 lediglich 9 Prozent der Betriebe einen Betriebsrat. Im Jahr 2002 lag der Anteil noch bei 11 Prozent. Weniger als die Hälfte der Beschäftigten in Westdeutschland und nur ein Drittel in Ostdeutschland werden 2017 durch einen Betriebsrat vertreten. Dort wo Betriebsratswahlen stattfinden, geben tendenziell ca. 80 Prozent der Beschäftigten ihre Stimme ab. Eine solche hohe Wahlbeteiligung wurde bei Bundestagswahlen zuletzt vor 20 Jahren erreicht.

Manche Bundesländer und Branchen sind besonders stark betroffen. In Berlin und Rheinland-Pfalz ist der Anteil der Betriebe mit Betriebsrat von 2002 bis 2016 um über 40 Prozent (von 12 Prozent auf 7 Prozent) gefallen.  Im Gastgewerbe haben im Jahr 2016 nur 3 Prozent der Betriebe einen Betriebsrat und nur 12 Prozent der Beschäftigten werden durch einen solchen vertreten. Ähnlich verhält es sich 2016 im Baugewerbe. Hier liegt der Anteil der Betriebsräte bei nur noch 3 Prozent, im Jahr 2003 war der Anteil noch doppelt so hoch.  Wurden 2003 noch 24 Prozent der Beschäftigten von einem Betriebsrat vertreten,  sind es 2016 nur noch 16 Prozent. Das entspricht einem Rückgang von einem Drittel. Im Handel liegt der Anteil der Betriebe mit Betriebsrat bei 9 Prozent und 28 Prozent der Beschäftigten werden durch Betriebsräte vertreten.

Ein wesentlicher Grund für den Rückgang der betrieblichen Mitbestimmung,  dürften Maßnahmen der Arbeitgeber sein, die darauf abzielen, die Gründung von Betriebsräten zu verhindern. Die Bundesregierung verweist in ihrer Antwort auf eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung, nach der ca. 60 Prozent der Gewerkschaftssekretäre Erfahrungen mit Betriebsratsbehinderung gemacht haben. Die Bundesregierung bezieht keine Stellung dazu. Dagegen fällt auf, dass der Bundesregierung keine Informationen vorliegen, wenn es um die Behinderung von Betriebsratsarbeit geht. Sie kann keine Angaben darüber machen, inwiefern die Wahlen von Betriebsräten durch Arbeitgeber behindert werden, Ordnungswidrigkeiten nach § 121 BetrVG festgestellt und verfolgt wurden und gemäß § 23 BetrVG (Verletzung gesetzlicher Pflichten) ein Arbeitsgericht von Betriebsräte oder Gewerkschaften in den vergangenen 16 Jahren angerufen wurde.

In Betrieben mit Tarifbindung werden 60 Prozent der Beschäftigten von einem Betriebsrat vertreten. Dagegen haben nur 20 Prozent der Beschäftigten eine Interessenvertretung, in Betrieben ohne Tarifbindung.

Der Bundesregierung liegen nur für ein Bundesland Zahlen dazu vor, wie viele Verfahren aufgrund von Verstößen gegen § 119 BetrVG (Straftaten gegen Betriebsverfassungsorgane und ihre Mitglieder) in den letzten 16 Jahren eingeleitet wurden. In Nordrhein-Westfalen sind in den Jahren von 2015 bis 2017 80 Prozent der Strafverfahren nach § 119 Absatz 2 BetrVG eingestellt worden. In Tendenzbetrieben, wie den Einrichtungen kirchlicher Träger, gelten Mitbestimmungsrechte nur eingeschränkt. Sie kennt die Anzahl von Betriebsräten in sogenannten Tendenzbetrieben nicht und verweist darauf, dass hier das  Betriebsverfassungsgesetz (§ 118 Abs. 2 BetrVG) keine Anwendung findet.
 

Dazu erklärt Jutta Krellmann, MdB, Sprecherin für Mitbestimmung und Arbeit für DIE LINKE im Bundestag:

"Gute Arbeit geht nur mitbestimmt. Die Bundesregierung scheint sich nicht ernsthaft für die Behinderung von Betriebsräten zu interessieren und was sie in diesem Zusammenhang plant, ist völlig unzureichend. Statt Lippenbekenntnissen müssen Betriebsratswahlen erleichtert und Betriebsräte besser geschützt werden, wie es DIE LINKE seit langem fordert. Wer Betriebsratsarbeit behindert, muss bestraft werden. Wir brauchen Schwerpunktstaatsanwaltschaften, die solche Verstöße verfolgen."

 


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