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Vom versprochenen Politikwechsel meilenweit entfernt

Kolumne von Gregor Gysi,




Von Gregor Gysi, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

In dieser Woche wird die alte und neue Bundeskanzlerin zum dritten Mal in Folge ihren Amtseid leisten. Dem gingen drei Monate Koalitionsverhandlungen und ein positiver Mitgliederentscheid der SPD voraus. Der von Union und SPD betriebene Aufwand stehen jedoch in keinem Verhältnis zum Ertrag. Das gilt vor allem für die SPD, die sich von dem von ihr vor den Wahlen versprochenen Politikwechsel meilenweit entfernt hat. Es gibt keine Steuererhöhungen für Spitzenverdienende, es gibt überhaupt keine Steuerreform, mitnichten eine Entlastung unterer und mittlerer Einkommen. Hier hat sich die Union ebenso komplett durchgesetzt wie bei der Euro-Bankenrettungspolitik. Diese haben SPD und Grüne seit dem Ausbruch der Griechenland-Krise Jahr für Jahr brav im Deutschen Bundestag mitgetragen, so dass die SPD schlicht keine Argumente dafür hatte, die Merkel´sche Politik der harten Kürzungsauflagen bei Löhnen, Renten und Sozialleistungen gegenüber den Bevölkerungen in den Krisenländern zu ändern. Eine Bürgerversicherung im Gesundheitswesen, von der SPD im Wahlkampf gefordert, taucht nicht einmal als eine Randnotiz auf. Der gesetzliche Mindestlohn wird komplett frühestens 2017 eingeführt. Dann werden die 8,50 Euro die Stunde in vier Jahren nur noch 7,80 Euro wert sein. Gleiche Bezahlung von Leiharbeit bei gleicher Tätigkeit und gleicher Arbeitszeit gibt es erst nach neun Monaten derselben Tätigkeit im selben Unternehmen. Ein Fall, der kaum vorkommt. Sachgrundlose Befristungen sind auch künftig ausdrücklich möglich. Herr Seehofer behält seine Herdprämie und kann den Unsinn einer PKW-Maut für Ausländer in den Koalitionsvertrag unterbringen.

Auch hinsichtlich der Bedienung von Konzern- und Industrieinteressen, gemeinhin auch als Lobbyismus bezeichnet, setzen Union und SPD die schwarz-gelbe Tradition fort. Die Kohleindustrie setzte sich dank der nordrhein-westfälischen Ministerpräsidentin Kraft in der Energiepolitik durch, in dem der Ausbau regenerativer Energien stark gebremst und der Kohle Vorrang eingeräumt wird. Und die SPD hat dabei – entgegen ihren Wahlversprechen – mitgemacht, weitere 500 Unternehmen von den Zahlungen der Energieumlagen auszunehmen, so dass die Stromverbraucher in den privaten Haushalten, das Handwerk  und die anderen Unternehmen die Energieumlagen für die Konzerne ebenso bezahlen müssen wie die künftig weiter steigenden Strompreise, deren Stopp auch kein Thema von Union und SPD ist.

Der Deutsche Bundestag hatte sich bereits vor zwei Monaten, am 22. Oktober 2013, konstituiert. Er ist somit voll arbeits- und beschlussfähig. Aber Union und SPD missachteten den höchsten Souverän und schickten den überwiegenden Teil der Bundestagsabgeordneten in den bezahlten Urlaub. DIE LINKE ist erstmals die stärkste Oppositionskraft im Deutschen Bundestag und daher zusätzlich motiviert, diese Bundesregierung wegen Untätigkeit, Unterlassungssünden und fatalen Fehlentwicklungen anzugreifen und zu zeigen, dass es Alternativen dazu gibt.

linksfraktion.de, 16. Dezember 2013