Zum Hauptinhalt springen

Union und SPD schlagen mit kalter Progression zu

Im Wortlaut von Richard Pitterle,

Von Richard Pitterle





Kalte Progression – das ist ein Begriff, mit dem wahrscheinlich die wenigsten Menschen etwas anfangen können. Bereits im Jahre 2012 gab es eine ausführliche Debatte im Bundestag dazu, im Zuge der Diskussion um den Gesetzentwurf (Zum Abbau der kalten Progression, Drs. 17/8683) von Schwarz-Gelb. Nun, ein Jahr später, wollte ich von der jetzigen Bundesregierung (Antwort) wissen, wie sie denn die Effekte der kalten Progression für die kommenden Jahre schätzt. Das Ergebnis, Steuerzahlerinnen und Steuerzahler werden die kommenden vier Jahre rund acht Milliarden Euro mehr an Steuern zahlen müssen, als sie eigentlich müssten. Das Versprechen von Rot-Schwarz, es würde keine Steuermehrbelastungen für die Bürger geben, ist somit schlichtweg gelogen. Aber wie kommt es eigentlich zur kalten Progression (gleichzeitiger Effekt von Lohn- und Preissteigerungen)?

Unser Einkommensteuertarif ist progressiv ausgestaltet, das bedeutet, die Steuerlast steigt mit steigendem Einkommen. Das ist auch gut so, denn der progressive Steuertarif ist letztlich ein Ausdruck der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, breitere Schultern sollen größere Lasten tragen. Von der sogenannten kalten Progression, die übrigens kein neues Phänomen ist, spricht man, wenn es bei Lohnzuwächsen, die lediglich die Preissteigerung ausgleichen, zu einer höheren Einkommensteuerbelastung (aufgrund steigender Steuersätze) kommt. Das bedeutet, der Fiskus nimmt mehr Steuern ein, wenn die Löhne steigen, die reale Kaufkraft der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sinkt jedoch – sie haben nach der Lohnerhöhung also weniger in der Brieftasche. Kurzum: Trotz Inflationsausgleichs sinkt die reale Kaufkraft der Steuerzahler, der Staat aber verdient trotzdem.

Eine alleinige Anhebung des Grundfreibetrags, wie sie Union gern anführen, reicht übrigens bei Weitem nicht aus, um die Effekte der kalten Progression zu beseitigen. Im Gegenteil, dies führt aufgrund des Tarifverlaufes dazu, dass insbesondere untere und mittlere Einkommen stärker von den Effekten der kalten Progression betroffen sind, da die Kurve im Tarif (1. Progressionszone) durch die Anhebung des Grundfreibetrags in diesem Teil steiler würde (der Bereich der 1. Progressionszone im Tarif würde kleiner). DIE LINKE hat mit ihrem Vorschlag eines durchgehend linear-progressiven Einkommensteuertarifs und einem höheren Spitzensteuersatz sehr frühzeitig einen Vorschlag unterbreitet, um die Wirkungen der kalten Progression, insbesondere für untere und mittlere Einkommen deutlich abzumildern. Weitere Vorschläge von uns, wie zum Beispiel den Einbau eines Inflationsfaktors werden von der Bundesregierung ebenfalls ignoriert. Damit setzt die künftige Bundesregierung zur Finanzierung ihrer Vorhaben leider vor allem auf Mehreinnahmen durch die Wirkung der kalten Progression.

Das ist unseriös, unsozial und unverantwortlich.

linksfraktion.de, 6. Dezember 2013