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TTIP – Freihandelsabkommen stoppen

Nachricht,

Was ist das TTIP?

Seit 2013 verhandeln Spitzenbeamte und erlauchte Experten der EU und der US-Regierung im kleinen Kreis über das Freihandels- und Investitionsabkommen TTIP, das sogenannte „Transatlantic Trade and Investment Partnership“.

Das Abkommen sollte zügig fertig werden, schon im Herbst 2014. Geheime Verhandlungen und dann schnelle Zustimmungen des Europaparlaments und der nationalen Parlamente – das war der Plan. Aber daraus wird nichts. Die Öffentlichkeit ist alarmiert. Der Protest wird stärker. Zu Recht, denn mit dem TTIP sollen Gesetze, die unsere Gesundheit, das Arbeitsleben und die Natur schützen, als Handelshemmnis gelten. Das ist ein Anschlag auf mühsam erkämpfte Rechte.

TTIP ist ein Rückfall in vordemokratische Zeiten. Das gilt für den hinter verschlossenen Türen stattfindenden Verhandlungsprozess, insbesondere aber auch für den Investitionsschutzteil des Abkommens. Im Streitfall sollen dubiose Schiedsgerichte außerhalb der Rechtssysteme Recht sprechen. Hoch spezialisierte und dotierte Anwälte klagen Konzerninteressen gegenüber Regierungen ein. Setzt sich diese kleine Elite durch, zahlen Steuerzahler Schadensersatz an Großkonzerne, die ihre Interessen nicht realisieren konnten, da Schutzrechte für Mensch und Natur ihrem Gewinnstreben Grenzen setzten. Das Sonderklagerecht von Konzernen ist ein zentrales Instrument gegen Marktregulierung und Verbraucherschutz. Regierungen, die sich dem Ausverkauf demokratisch legitimierter Bürgerrechte nicht entgegensetzen, machen sich selbst zum Büttel transnationaler Konzerne und deren Hunger auf Profit.

Der Kampf gegen das Sonderklagerecht von Konzernen ist daher auch ein Kampf für das öffentliche Interesse und für Bürgerrechte.

EU-Handelskommissar de Gucht musste bereits dem wachsenden öffentlichen Druck nachgeben und hat eine Denkpause für die Beratungen bis nach der Europawahl verkündet.

Wie so oft, wenn es ums große Geld und um Marktanteile geht, haben die Vertreter großer Unternehmen exklusiven Zugang zum Verhandlungsclub. Sie sind früher als Parlamente und Öffentlichkeit informiert, können die Zwischenergebnisse kommentieren und stets ihre Wünsche vortragen. Über 600 Vertreter der Wirtschaftslobby haben die TTIP-Verhandlungen vorbereitet und verteidigen ihren VIP-Status.

Transparenz würde die Verhandlungsstrategie der Europäer zu schnell bekannt machen und die eigene Position schwächen – so begründen Bundesregierung und EU-Kommission die Geheimniskrämerei. Das ist offenkundig ein abwegiges Argument, denn die voll informierten Lobbygruppen der Wirtschaft können sich untereinander vorzüglich abstimmen. Vollends lächerlich wird diese Aussage angesichts des „NSA-Geheimdienstskandals“. Wer heute glaubt, die Ziele der europäischen Delegation könnten gegenüber den Amerikanern geheim bleiben, lebt in einer Märchenwelt.

Worum geht es beim TTIP?

Beim TTIP geht es nicht um den Abbau von Zöllen. Im Handel zwischen der EU und den USA sind die Zölle bereits so gering, dass sie kaum noch eine Rolle spielen. Stattdessen geht es um die wechselseitige Absenkung von Normen und Standards, so genannten nicht-tarifären Handelshemmnissen. Manches ist auch ganz verboten in der EU, was in den USA erlaubt ist, und umgekehrt. So verbieten die USA beispielsweise die Einfuhr bestimmter französischer Käsesorten, und sie haben strengere Standards für die Zulassung von Medikamenten. In Europa ist dagegen mit Hormonen behandeltes US-Fleisch verboten, der Schutz geistigen Eigentums und von Kulturgütern oft anders und strenger geregelt.

Aus Sicht der großen, international tätigen Unternehmen sind all diese Regelungen ein Ärgernis. Die Manager wollen ein einheitliches, für sie kostengünstiges und niedriges Niveau gesetzlicher Bestimmungen.

Deshalb ist auch klar, warum das TTIP geheim verhandelt wird. Offen vorgetragen hat ein solcher Angriff auf demokratisch legitimierte Gesetze weder bei uns noch in den USA Aussicht auf Erfolg.

Was soll das TTIP bringen?

Mehr Freiheit, mehr Wohlstand, mehr Arbeitsplätze – so lautet die offizielle Werbung. Damit diese Botschaft glaubwürdig erscheint, sind Studien in Auftrag gegeben worden (z.B. vom Centre for Economic Policy Reaserach in London und ifo-Institut in München in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung). Sonderlich gut fallen aber selbst die Ergebnisse dieser Studien mit ihren aberwitzigen Annahmen nicht aus: Einen massiven Schub des Wirtschaftswachstums wird es nicht geben. Fehlanzeige auch beim Aufbau von Millionen neuen, gut bezahlten und sicheren Arbeitsplätzen.

Wenn es so läuft, wie sich die Exportbranchen das wünschen, wird das TTIP für sie massive Kostenvorteile und mehr Gewinne bringen. Gleichzeitig stehen alle anderen Unternehmen und andere Volkswirtschaften unter starkem Druck, wenn sie auf dem neuen transatlantischen Markt überleben wollen.

Ohne teure und inhaltsleere Studien zu bemühen, ist mit klarem Verstand schon heute absehbar: Mit dem TTIP wird der Verdrängungswettkampf zu Lasten kleiner regionaler Anbieter und Dienstleister noch weit härter als bisher. Arbeitsplätze werden abgebaut und verlagert. Profite und Marktanteile großer Unternehmen können zwar steigen. Aber weit mehr Unternehmen werden einfach vom Markt gefegt und verschwinden – nicht weil sie schlechtere Produkte haben, sondern weil sie nicht mithalten können.

Was kritisiert DIE LINKE am TTIP?

Wie soziale Bewegungen und Gewerkschaften diesseits und jenseits des Atlantiks kritisieren wir das TTIP von Anfang an. Nun endlich gewinnt die kritische Diskussion in Deutschland und Europa an Fahrt.

Wir wehren uns – im Unterschied zu anderen Parteien – klar und konsequent gegen den Ausverkauf unserer demokratischen Rechte und gegen das Schleifen von Gesetzen und Regeln.

Uns geht es vor allem darum, dass

  • die intransparenten und geheimen TTIP-Verhandlungen unverzüglich gestoppt werden.
  • die Ziele solcher Verhandlungen nicht durch mächtige Unternehmen und deren Lobbyorganisationen bestimmt werden.
  • Arbeitnehmerrechte nicht aufgeweicht oder umgangen werden und über diesen Umweg etwa ein flächendeckender Mindestlohn und/oder soziale Standards bei der öffentlichen Auftragsvergabe als Handelshemmnis gelten und beiseite geräumt werden.
  • parlamentarische Entscheidungen für einen guten Verbraucher- und Umweltschutz nicht einfach ausgehebelt werden (etwa ein Verbot von Fracking, Hormonfleisch und gentechnisch veränderter Lebensmittel).
  • es keine Sonderrechte für Konzerne über ein Investitionsschutzabkommen gibt. Wir lehnen Schiedsgerichte ab, die Schadenersatz für entgangenen Gewinn zum Recht erklären könnten, wie dies der Stromkonzern Vattenfall wegen des Atomausstiegs versucht. Wir wollen kein „Recht“ auf Profit für multinationale Konzerne!
  • Finanzmärkte nicht weniger, sondern deutlich stärker und besser reguliert werden.

Was will die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag?

Wir wollen das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA stoppen. Mit den Kritikerinnen und Kritikern in Europa und den USA werden wir den Widerstand gegen TTIP in Parlamenten und auf der Straße lautstark vertreten, uns vernetzen und austauschen.

Auch wir sehen einen Abstimmungsbedarf zwischen der EU und den USA. Wir wollen klare Regeln beim Datenschutz und gegen Geheimdienste. Die flächendeckende Schnüffelei, das kommerzielle Sammeln und der Verkauf persönlicher Daten sind nicht hinnehmbar.

Wir wollen eine enge Zusammenarbeit in Steuerfragen, um die legalen Tricks der Steuervermeidung abzubauen und illegale Steuerhinterziehung zu bekämpfen.

Wir wollen eine strikte Regulierung der Finanzbranche, einen Finanz-TÜV und starken Verbraucherschutz. Die EU und die USA können Vorreiter sein, um die Gefahren auszuschalten, die von Finanzmärkten, großen Banken und mächtigen Anlegern ausgehen.

Wir wollen weltweit Lohn-, Sozial- und Umweltdumping verhindern und Unternehmen für ihr Verhalten zur Rechenschaft zu ziehen.

Wir wollen hohe Qualitätsstandards für Konsumgüter und Dienstleistungen in der EU und in den USA.

Wir wollen Waffenexporte verbieten, Kriege beenden und die Entwicklung der Länder des globalen Südens fair und gerecht ermöglichen.

 

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linksfraktion.de, 12. Februar 2014