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Spaltung zwischen Ost und West beim Niedriglohn

Nachricht von Jutta Krellmann,

Die Flucht aus der Tarifbindung ist seit Jahren ein beliebtes Mittel von Unternehmen, um Löhne zu senken. Die Hälfte der Beschäftigten in Ostdeutschland und immer noch zwei Fünftel in Westdeutschland arbeiten in nicht tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen – Tendenz steigend. Aber auch in den Bereichen, die noch tarifgebunden sind, gibt es nach wie vor Niedriglöhne. Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung hat am Freitag eine neue Studie zur Entwicklung der tariflichen Vergütungsgruppen im Niedriglohnbereich veröffentlicht.

Danach liegen die Stundenlöhne in 22 Prozent der Tarifgruppen unter 10 Euro. 11 Prozent der Vergütungsgruppen liegen unter 8,50 Euro und 6 Prozent sogar unter 7,50 Euro. Die amtliche Niedriglohngrenze des statistischen Bundesamts liegt bei 10,36 Euro. Die Zahl der Stundenlöhne unterhalb 8,50 Euro ist in den letzten beiden Jahren zwar rückgängig – allerdings ist bei diesen Nominallöhnen nicht die Teuerung im selben Zeitraum eingerechnet.

Niedriglohntarife gibt es vor allem in Bereichen, in denen Kleinbetriebe vorherrschen und in denen die Gewerkschaften über einen vergleichsweise niedrigen Organisationsgrad verfügen, unter anderem im Hotel- und Gaststättengewerbe, in der Landwirtschaft, im Gartenbau und im Bewachungsgewerbe. Hier sehen sich Gewerkschaften oft vor die Alternative gestellt, entweder niedrige Tarifabschlüsse hinzunehmen oder ganz auf Tarifregelungen zu verzichten.

Außerdem zeigt sich auch bei den Niedriglohntarifen ein deutliches Gefälle zwischen Ost- und Westdeutschland. Rund zwei Drittel der Tarife unter 7,50 Euro Stundenlohn gelten in Ostdeutschland, nur ein Drittel in Westdeutschland.

Für die LINKE ist diese andauernde Spaltung von Ost und West nicht hinnehmbar. Jutta Krellmann, Sprecherin für Arbeit und Mitbestimmung der LINKEN im Bundestag, erklärt dazu: "Es ist ein Skandal, dass der Osten auch bei den Tariflöhnen immer noch so weit hinterherhinkt."

Die Ergebnisse der WSI- Untersuchung zeigen aber vor allem deutlich, dass ein Mindestlohn auch für viele derjenigen Beschäftigten, die zu Tariflöhnen arbeiten, wichtig wäre. Sie widerlegen damit die Argumentation der Bundesregierung, dass Tarifvereinbarungen einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn überflüssig machen würden.

"Die Studie zeigt", erklärt Jutta Krellmann, Sprecherin für Arbeit und Mitbestimmung der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, "dass das Geschäft der Tarifpolitikim Niedriglohnsektor mühsam ist für die Gewerkschaften. Ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn von 10 Euro würde für fast ein Viertel der tarifgebundenen Beschäftigten eine sofortige Verbesserung bedeuten. Er würde das allgemeine Entgeltniveau anheben und gute Tariflöhne ergänzen. Er entlastet Gewerkschaften im Kampf gegen Niedriglöhne und hilft ihnen damit, sich auf ihre anderen Aufgaben stärker zu konzentrieren – wie zum Beispiel die Stärkung von Betriebsräten."

linksfraktion.de, 22. März 2013