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Soll das Auto Luxus werden? Nein!

Im Wortlaut von Gesine Lötzsch,

In der heutigen Ausgabe der "taz" setzt sich Gesine Lötzsch, haushaltspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. mit den aktuellen Vorstößen von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee zum Klimaschutz auseinander.

Menschen mit schmalem Geldbeutel können sich nur ältere Autos mit höherem Schadstoffausstoß leisten. Sie werden unter der neuen Kfz-Steuer am meisten zu leiden haben. Klimaschutz muss mit einer sozialeren Politik verknüpft werden. Sonst verfehlt er seine Wirkung
Hybridautos für alle, schallt es aus grünem Munde. Ganz bestimmt haben nun der Hartz-IV-Bezieher, die Friseurin aus Thüringen mit 3,57 Euro Tariflohn und die Alleinerziehende ihre Konten geplündert und einen Hybrid-Toyota für 27.000 Euro bestellt, um etwas gegen den Klimawandel zu tun.

Da wollte der Bundesverkehrsminister nicht abseits stehen und hat die schlummernde Idee der abgasbezogenen Kfz-Steuer wieder hervorgeholt. Klimaschutz, koste es, was es wolle, und ohne Rücksicht auf soziale Verluste. Doch Klima- und Umweltschutz dürfen nicht sozial ausgrenzen, sonst verlieren sie an Akzeptanz und Breitenwirkung. Denn so klimapolitisch sinnvoll Tiefensees Vorschlag ist, so fatal könnte deren Wirkung sein für diejenigen, die gerade nicht genug Kleingeld für ein neues schadstoffarmes Auto haben. Besitzer älterer Autos mit einem natürlich höheren Schadstoffausstoß würden verstärkt zur Kasse gebeten. Ältere Autos sind aber nun einmal das Fortbewegungsmittel von Menschen mit einem schmalen Geldbeutel wie jungen Fahranfängern oder Menschen ohne Arbeit oder Arbeitnehmern mit geringem Einkommen, die ihren Gebrauchten so lange zum Pendeln benutzen, bis der TÜV endgültig sein Veto einlegt. Alle diese Verkehrsteilnehmer würden unter der geplanten Kfz-Steuerreform leiden bzw. im Extremfall ganz vom Individualverkehr ausgeschlossen werden.

Tatsache ist, dass der überwiegende Teil der Besitzer der 46,6 Millionen Pkws in Deutschland von der neuen Regelung benachteiligt wäre. Vom sozialdemokratischen Tiefensee-Ministerium fehlen ernst zu nehmende Hinweise, wie diese Benachteiligung verhindert werden soll. Zumal die abgasbezogene Kfz-Steuer durch die steuerliche Privilegierung der auch von den Fuhrparks der Ministerien genutzten dienstlichen Spritschlucker konterkariert wird. Ziel der Steuerumstellung sollte doch sein, bei der Entscheidung über ein neues Fahrzeug ein klimafreundliches Modell zu beschaffen, und nicht, ein Konjunkturprogramm für die Automobilindustrie aufzulegen. Das hat diese nun wirklich nicht verdient, hat sie doch die Entwicklung verschlafen, so dass nur wenige spritsparende Modelle auf dem Markt sind.

Für Halter von älteren Fahrzeugen mit hohem Verbrauch gibt es wegen der hohen Mineralölsteuer bereits jetzt einen großen Anreiz, sich ein neues Fahrzeug zuzulegen. Sie tun dies vielfach nur dann nicht, wenn sie es sich nicht leisten können. Deshalb müssen die Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzt werden, sich diese umweltfreundlichen Autos auch leisten zu können. Niedriglöhne, wie sie in der Bundesrepublik für viele Berufsgruppen leider üblich sind, wirken in diesem Kontext mehr als kontraproduktiv. Die Einführung eines Mindestlohnes von 8 Euro pro Stunde beziehungsweise realistische Lohnerhöhungen bei den laufenden Tarifverhandlungen würden die Kaufkraft großer Teile der Bevölkerung steigern und es den Menschen damit auch ermöglichen, auch umweltfreundliche Produkte wie schadstoffarme oder vielleicht auch Hybridautos zu kaufen.

Minister Tiefensee ist gerade dabei, die wichtige Klimaschutzdebatte durch eine Scheindebatte über die Kfz-Steuer abzuwürgen. Die Bundesregierung sollte besser erstmal ihre Umweltschutz-Hausaufgaben machen. So ist es an der Zeit, den Umzug der in Bonn verbliebenen Bundesbehörden und Ministerien nach Berlin schnellstmöglich zu realisieren. Denn der Behördenpendelverkehr belastet die Umwelt. Mit einem schnellen Umzug kann die Bundesregierung eindrucksvoll demonstrieren, dass es ihr mit dem Klimaschutz wirklich ernst ist. Ähnlich verhält es sich mit dem Tempolimit auf Autobahnen, dessen Fehlen den Kauf hochmotorisierter und spritschluckender Fahrzeuge erst attraktiv macht.

Wer auf den Klimawandel so reagiert, dass Millionen keine Chance haben, den Weg zu erneuerbaren Energien, schadstoffarmen Autos oder regionalen Wirtschaftskreisläufen mitzugehen, wird scheitern. Den Grünen mag die PR-Kampagne ihrer Fraktionsvorsitzenden für Hybridautos nach BMW nun Toyota als Autospender eingebracht haben. Die Masse derer, die auf ein Auto angewiesen sind, bekommt dies aber nicht geschenkt. Für sie ist eine abgasbezogene Kfz-Steuer ohne soziale Flankierung eine erhebliche Belastung.

GESINE LÖTZSCH