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»Sie entdecken die Welt gemeinsam«

Im Wortlaut,

v.l.n.r. Christine Buchholz, Jan Korte, Katja Kipping, Steffen Bockhahn, Diana Golze, Michael Leutert

 

CDU, CSU und FDP zimmern munter und zunehmend sinnfreier am Betreuungsgeld weiter. Das Machtwort der Kanzlerin verhallte wirkungslos. Die CSU will zurück ins 19. Jahrhundert. Mit der Herdprämie wird vor allem Kinder aus so genannten bildungsfernen Haushalten das Lernen vorenthalten - mit beachtlichen Folgen in der Schule. Die schwarz-gelbe Familienpolitik ist auf das Betreuungsgeld zusammengeschrumpft. Die zuständige Ministerin geht auf Tauchstation und der Rechtsanspruch auf Kita-Betreuung steht gesetzwidrig in den Sternen.

DIE LINKE will jedem Kind einen Rechtsanspruch auf einen ganztägigen und elternbeitrags- und gebührenfreien Betreuungsplatz zusichern. Dieser Anspruch soll unabhängig von der Erwerbstätigkeit der Eltern bestehen. Die Beiträge für Kindergärten und Kinderkrippen will DIE LINKE schrittweise abschaffen. DIE LINKE setzt sich dafür ein, mehr Erzieherinnen und Erziehern auszubilden und diese besser zu qualifizieren. Die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten müssen verbessert werden. DIE LINKE tritt dafür ein, dass der Ausbau der Betreuungsinfrastruktur nicht zu Lasten der Beschäftigten oder der Eltern finanziert wird.
Der Bund muss sich dauerhaft an der Finanzierung der Kindertagesbetreuung beteiligen und darf Länder und Kommunen mit dieser Aufgabe nicht allein lassen.

Dass DIE LINKE - anders als Familienministerin Schröder - mit beiden Beinen im wirklichen Leben steht und den Kopf angesichts der Probleme nicht in den Sand steckt, zeigen Christine Buchholz, Jan Korte, Katja Kipping, Steffen Bockhahn, Diana Golze und Michael Leutert. Die drei jungen Mütter und drei jungen Väter wissen aus eigener Erfahrung, warum sie im Bundestag gegen die schwarz-gelbe Herdprämie kämpfen.

Christine Buchholz, 41, Hessen
"Das Betreuungsgeld geht völlig an den Bedürfnissen von jungen Eltern vorbei. Wir brauchen den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen. Es ist das Recht von Kindern, eine gute und qualifizierte Betreuung zu bekommen. Es ist das Recht von beiden Elternteilen, die Möglichkeit zur Erwerbstätigkeit zu haben.
Ich sehe bei meinen Söhnen Tag für Tag, dass Kinder von den vielfältigen Möglichkeiten in der Kita profitieren. Sie erwerben soziale Fähigkeiten, basteln, singen, spielen – vieles von dem würde bei uns im Alltag zuhause nicht so stattfinden können.
In der Fläche fehlen Betreuungsplätze – vor allem im Krippenbereich. In Berlin gibt es ein größeres Angebot, aber einen Mangel an Erzieherinnen. Es ist ein Skandal, wie wenig Erzieherinnen verdienen, die Tag für Tag engagiert mit unseren Kindern arbeiten und uns Eltern oft mit Rat und Tat beiseite stehen."

Jan Korte, 35, Sachsen-Anhalt
"Seit acht Monaten bin ich nun Vater einer Tochter. Mein Kind soll spielen, Mist bauen, viel lernen, sich ärgern und freuen und vor allem auch in Solidarität mit anderen Kindern aufwachsen. Das alles geht am besten in einer Kindertagesstätte. So jedenfalls habe ich mir das vorgestellt. Und das wird auch gut funktionieren. Das zeigen im übrigen auch alle vorhandenen Studien. Dass diese Haltung nicht in das rückwärtsgewandte Welt- und Familienidyll der Familienministerin Schröder passt, habe ich nicht anders erwartet. Es würde mich nicht einmal stören, wenn Schröder nur eine nervige Nachbarin wäre. Da könnte ich Ihren rhetorischen Unsinn im Hausflur einfach überhören. Das geht aber leider nicht, denn Schröder ist Familienministerin. Schlimmer noch: Sie ist sogar eine Ministerin, die völlig aus der Zeit gefallen ist. Beseelt von einer Fünziger-Jahre-Ideologie, die Mutter und Kind heim an den Herd binden möchte, abgespeist mit einer Herdprämie von 150 Euro. Mehr Retro geht wirklich nicht. Ihr Rückwärts-immer-vorwärts-nimmer-Denken muss dringend beendet werden.

Katja Kipping, 34, Sachsen
"Nach einer kurzen Nacht mit wenig Schlaf und viel Husten meiner Kleinen muss ich mich kurzfassen: Das Betreuungsgeld folgt einer rückwärtsgewandten Mütterideologie, die am Ende die Kinder ausbaden müssen, die keinen Kitaplatz abgekommen. Daher kann es keine Lösung sein."

Steffen Bockhahn, 33, Mecklenburg-Vorpommern
"Für meine Frau und mich war immer klar, dass wir beides wollten: Familie und Beruf. Die Möglichkeit, unser Kind in einer Kita betreuen zu lassen, bietet uns genau diese Chance. Niemand sollte gezwungen sein, sich zwischen Familie und Beruf zu entscheiden. Beides muss für beide Partner möglich bleiben. Deshalb lehne ich das Betreuungsgeld ab. Die Mittel sollten in den Ausbau der Kitaplätze und die Weiterbildungen der Erzieher und Erzieherinnen investiert werden, anstatt die Familien mit 150 Euro abzuspeisen und so mit der Entscheidung für Familie sozialen und beruflichen Abstieg zu riskieren."

Diana Golze, 36, Brandenburg
"Mein Mann und ich wollten beide beides: Kinder und berufliche Unabhängigkeit. Und das haben wir auch bis jetzt ganz gut geschafft - dank eines im Osten gut organisierten Angebots der Kinderbetreuung, dank hilfsbereiter Großeltern und Freunde und der privaten Finanzierung der Betreuung, falls beispielsweise in den Abendstunden Bedarf besteht. Unsere finanzielle und familiäre Situation unterscheidet sich aber deutlich von der einer alleinerziehenden Mutter, die im Westen der Republik händeringend nach Unterstützung sucht. Kitaplätze gibt es dort noch immer zu wenige, private Betreuung kann sie sich nicht leisten. Ein Betreuungsgeld hilft ihr da nicht weiter, sondern zwingt sie weiter in die Abhängigkeit von Sozialleistungen und hält das Kind von außerfamiliären Bildungsangeboten ab. Die Politik hat dafür zu sorgen, dass alle Eltern Familie und Beruf miteinander vereinbaren können."

Michael Leutert, 37, Sachsen
"Natürlich geht mein Sohn in die Kita. Ich erlebe jeden Tag, wie wertvoll das gemeinsame spielerische Lernen mit anderen Kindern ist. Er schaut sich Dinge ab, zeigt anderen, was er schon mitbekommen hat. Sie entdecken die Welt gemeinsam. Ständig kommt etwas Neues hinzu. Das, was die Kleinen hier lernen, hilft ihnen später. Kinder, die schon früh in eine Kita kommen, haben später bessere Chancen, das Abitur zu machen. Gerade für Kinder aus sozial schwächeren Familien, deren Eltern oft selbst über weniger Bildung verfügen oder auch sprachliche Defizite haben, ist das enorm wichtig. Das Betreuungsgeld der Bundesregierung würde bewirken, dass vor allem diese Kinder zuhause bleiben müssen. Nur weil ihre Eltern das Geld dringend brauchen. Das dürfen wir nicht zulassen."

linksfraktion.de, 25. April 2012