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Sechs Fragen an Jutta Krellmann

Im Wortlaut von Jutta Krellmann,

35 der 76 Abgeordneten, die DIE LINKE im 17. Bundestag stellt, sind neu gewählte Mitglieder des Parlaments. Welche Erwartungen haben sie? Was haben sie vor? linksfraktion.de fragt nach.


Jutta Krellmann, 53, Chemielaborantin, Gewerkschaftssekretärin aus Niedersachsen

Sie sind jetzt Volksvertreterin. Wie wollen Sie die Interessen der Menschen vertreten?

Als Gewerkschaftssekretärin vertrete ich heute bereits Interessen von Beschäftigten, Arbeitslosen, Schwerbehinderten, Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern sowie befristet beschäftigten Kolleginnen und Kollegen. Es ist mir sehr wichtig, auf keinen Fall Politik gegen die Menschen zu machen, sondern mit ihnen und für sie. Mir ist klar, dass dies unter einer schwarz-gelben Regierung nicht einfach wird und parlamentarische Arbeit begrenzt ist. Von daher müssen die Menschen ihre Interessen stärker selbst in die Hand nehmen, um gemeinsam etwas zu erreichen.

Wie wollen Sie konkret den Widerstand gegen Sozialabbau und Krieg stärken?

Ich möchte mich besonders für die Situation von Hartz-IV-Empfängern engagieren. Es kann nicht sein, dass Arbeitslosigkeit als selbstverschuldetes Problem gesehen wird und immer mehr Menschen in Armut gedrängt werden. Die Betroffenen brauchen Hilfe zur Selbsthilfe, um dann gemeinsam mit Arbeitslosen und Beschäftigten für den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu kämpfen. Ich bin froh, Mitglied in einer Friedenspartei zu sein. Auch hier wird entscheidend sein, wie es uns gemeinsam gelingt, gegen Krieg für Frieden zu mobilisieren und bestehende Initiativen zu unterstützen.

Welche persönlichen Erfahrungen können Ihnen den Start als Parlamentarierin erleichtern?

In meiner beruflichen Tätigkeit muss ich oft in Verhandlungen mit Arbeitgebern, in Betriebsversammlungen und Gerichtsverhandlungen viel Disziplin aufbringen, um nicht verärgert dazwischen zu reden. Ich erwarte, dass mir unter einer schwarz-gelben Regierungskoalition im Bundestag viele Dinge gegen den Strich gehen werden. Von daher werden mir meine Erfahrungen helfen, mit politischen Gegnern sachlich umzugehen und die Ruhe zu bewahren.

Was würden Sie in ihrer ersten Bundestagrede der Kanzlerin gern einmal sagen?

Viele Bürgerinnen und Bürger haben die Nase voll von Politik, weil sie glauben: Die machen ja eh mit mir was sie wollen. Dem kann Frau Merkel wenig entgegensetzen. Denn faktisch sind die Politiker, die die Agenda 2010 beschlossen haben bzw. Rente mit 67 plus diverse Rentenkürzungen davon nicht betroffen. Aus diesem Grund würde ich sie gern einmal auffordern, dass sie mit ihrer Familie für 3 Monate vom ALG-II- Regelsatz leben soll, alternativ von einem Stundenlohn von 7,50 Euro, damit sie weiß, was ihre Politik Millionen von Menschen angetan hat.

Wie wollen Sie sich davor schützen, im Raumschiff Bundestag die Bodenhaftung zu verlieren?

Ich hoffe es gelingt mir, den Kontakt zu meinen bisherigen Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben und außerhalb nicht zu verlieren. Sie sagen mir jetzt ihre Meinung und werden es auch hoffentlich zukünftig tun. Ansonsten habe ich ein gesundes Maß an Respektlosigkeit gegen jegliche Art von Überheblichkeit und Obrigkeitshörigkeit. Wenn es mir gelingt, mein Gefühl für Gerechtigkeit zu erhalten und mir die Unterstützung meiner Familie und meiner Freunde zu bewahren, ist mir nicht bange.

Alle Abgeordneten der LINKEN spenden bisher ihre Diätenerhöhung. Wofür wollen Sie sich persönlich besonders engagieren?

Im Mai 2008 nahm ich an einem Seminar in Südafrika teil. Mich hat tief beeindruckt, dass die Apartheid vor weniger als 20 Jahren gemeinsam mit Nelson Mandela friedlich beendet wurde. Absolut betroffen machte mich das Problem Aids. Durch Unwissenheit und Aberglaube werden junge Mädchen vergewaltigt, im Irrglauben, dass Sex mit Jungfrauen vor Aids schützt. Ich habe vor, ein Projekt eines deutschen Pfarrers zu unterstützen, das wir in einem Township in Kapstadt besichtigt haben und das sich um Jugendliche und Aidswaisen kümmert.