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Schwarz-Gelb serviert Currywurst mit Mayo ohne Pommes statt Steuergerechtigkeit

Kolumne von Barbara Höll,

Von Barbara Höll, steuerpolitische Sprecherin und Mitglied des Vorstandes der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

"Wir werden dafür sorgen, dass sich Arbeit lohnt, dass den Bürgern mehr Netto vom Bruttoeinkommen bleibt. Das Steuersystem und das Besteuerungsverfahren werden wir deutlich vereinfachen und für die Anwender freundlicher gestalten."

Genauso steht es im Koalitionsvertrag von CDU,CSU und FDP auf Seite 10. Auch ist dort davon die Rede, dass sofort die Steuern gesenkt werden sollten. Die Realität sieht allerdings anders aus. Im Februar 2011 legte die Bundesregierung einen Regierungsentwurf zur Steuervereinfachung vor. Dieser sieht nebst Regeln zum Bürokratieabbau bei Unternehmen auch eine zum 1. Januar 2011 rückwirkende Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrages von 920 Euro auf 1.000 Euro vor. Doch was bringt das den Bürgerinnen und Bürgern? Die Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrags auf 1.000 Euro – früher betrug dieser übrigens 1.044 Euro – bringt bestenfalls monatlich 2 bis 3 Euro. Das ist nicht mehr als eine Currywurst mit Mayo - ohne Pommes -, würde Guido Westerwelle sagen. So bezeichnete er übrigens im Januar 2009 die Steuerentlastung aus dem Konjunkturpaket. Betrachtet man dann noch die von der Koalition verabschiedete Gesundheitsreform, wird daraus für die Bürgerinnen und Bürger schnell ein Minusgeschäft. Denn bei einem Bruttoarbeitslohn von rund 30.000 Euro im Jahr beträgt die Entlastung durch einen um 80 Euro höheren Arbeitnehmerpauschbetrag um die 25 Euro, jedoch müssen 93 Euro durch höhere Sozialbeiträge gezahlt werden, so Berechnungen des Neuen Verbandes der Lohnsteuerhilfevereine. Wir stellen fest: Durch Maßnahmen der Bundesregierung haben die Bürgerinnen und Bürger weniger Netto vom Brutto – Ziel laut Koalitionsvertrag verfehlt, oder wie man in der Schule sagen würde: Sechs. Setzen!

Ein weiteres Projekt der schwarz-gelben Koalition ist die Mehrwertsteuerreform. Eine Regierungskommission soll den Katalog mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz überprüfen. Dazu gehört aber auch die Rücknahme des FDP-Geschenkes an die Hotellerie. Durch eine Spende an die FDP drückte diese den ermäßigten Mehrwertsteuersatz in Höhe von 7 Prozent auch für Hoteliers durch. Mit der Umsetzung folgten seitens des Bundesfinanzministeriums etliche Anwendungshinweise zur Handhabung der Regelung. Steuervereinfachung ist das nicht, im Gegenteil. Kürzlich hörte man aus Koalitionskreisen, dass die erhofften Mehreinnahmen aus der Mehrwertsteuerreform zur Finanzierung der Entlastung der unteren und mittleren Einkommen zum 1. Januar 2013 genommen werden sollen. Was aber passiert, wenn nicht die erhofften Mehreinnahmen zusammenkommen, oder die Steuerschätzung im Mai 2012 nicht den Erwartungen der Bundesregierung entspricht? Dann wird es wieder heißen, es ist kein Geld da. Das muss nicht sein.

DIE LINKE hat ein Einkommensteuerkonzept vorgelegt, dass unabhängig von der Mehrwertsteuerreform aufkommensneutral umgesetzt werden kann. Durch einen linear progressiven Tarif, einer Anhebung des Grundfreibetrages auf 9.300 Euro bei einem Eingangssteuersatz von 14 Prozent, einer Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 53 Prozent ab einem zu versteuerndem Jahreseinkommen von 65.000 Euro und einer Besteuerung von Kapitalerträgen zum persönlichen Steuersatz könnten untere und mittlere Einkommen entlastet werden. Davon würden vor allem Normalverdienerinnen und Normalverdienern profitieren. Der sogenannte Mittelstandsbauch würde beseitigt. Nach unserem Vorschlag müssten dann Beschäftigte, die ein zu versteuerndes Einkommen von 20.000 Euro im Jahr haben - hier sind vom Jahreseinkommen bereits Werbungskosten, Freibeträge, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen abgezogen - rund 800 Euro weniger Steuern im Jahr zahlen. Bei 30.000 Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen sind es dann schon über 1.200 Euro an jährlicher, also 100 Euro monatlicher Steuerersparnis. Dazu könnte man dann auch Entlastung sagen. Auch viele Facharbeiterinnen und Facharbeiter würden bei unserem Vorschlag profitieren. Erst ab einem zu versteuerndem Jahreseinkommen von 70.000 Euro sind im Vergleich zum Tarif 2010 mehr Steuern fällig.

Und zum Schluss: Wer Steuergerechtigkeit will, muss für mehr Steuerfahnder und Betriebsprüfer sorgen. Und er muss auch die strafbefreiende Selbstanzeige, wenn schon nicht abschaffen, wenigstens so verschärfen, dass Steuerhinterziehung finanziell unattraktiv wird. Denn mit dem jetzigen Vorschlag, bei Steuerhinterziehung einen Zuschlag in Höhe von 5 Prozent bei einem Steuerhinterziehungsbetrag von 50.000 Euro zu erheben, nach dem Motto, dann gibt’s eben Steuerhinterziehung auf Raten, bleibt Steuerbetrug attraktiver als Steuerehrlichkeit. Nötig ist ein höherer Zuschlag auf hinterzogene Steuern und das nicht erst ab 50.000 Euro hinterzogenem Steuerbetrag. Alles andere ist eine Verhöhnung derjenigen, die ihre Steuern ordentlich abführen. Ehrliche säumige Steuerzahler müssen einen Säumniszuschlag in Höhe von 12 Prozent zahlen. Steuerhinterzieher zahlen lediglich die bisherigen 6 Prozent Hinterziehungszinsen. Damit muss auch Schluss sein. Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein Betrug der Gesellschaft. Wir brauchen in diesem Land endlich ein stärkeres Bewusstsein für Steuergerechtigkeit.