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Schwäbisch-Gmünd: Ausbeutung ist keine Integration!

Im Wortlaut von Ulla Jelpke,

Diskussion in Schwäbisch-Gmünd: Ulla Jelpke (m.)

Von Ulla Jelpke


Flüchtlinge für einen Hungerlohn von 1,05 Euro pro Stunde als Kofferträger am Bahnhof engagieren und das als Beispiel gelungener "Integration" verkaufen – auf diese Idee war man in der baden-württembergischen Kleinstadt Schwäbisch-Gmünd gekommen. Bebildert war dieser Einfall der Stadtverwaltung mit einem Foto vom Oberbürgermeister, der den Kofferträgern die Strohhüte auf dem Kopf zurechtrückte. Nachdem ich das als "Rückfall in die Kolonialzeit" bezeichnet hatte und die Bahn aus dem Projekt wieder ausstieg, erhielt ich eine Flut von E-Mails Gmünder Bürgerinnen und Bürgern. Im Einklang mit der Gmünder Lokalpresse wurde mir vorgeworfen, "integrationswillige" Flüchtlinge zu "bevormunden".

Also bin ich nach Schwäbisch-Gmünd gefahren, um dort mit Lokalpolitikern, Linken-Gemeinderäten, dem Arbeitskreis Asyl und vor allem mit Flüchtlingen zu sprechen. Dabei wurde einiges geradegerückt. Vor allem erwies sich, dass die Flüchtlinge keineswegs einhellig begeistert von dem Kofferträger-Projekt waren. Es hat vielmehr heftige Diskussionen unter ihnen gegeben. Das war offenbar auch für die Gmünder Tagespost neu, die bis dahin überhaupt nichts von entsprechenden Konflikten mitbekommen haben wollte.

Natürlich drohen Flüchtlinge, die zum Teil jahrelang in einer Sammelunterkunft leben müssen und entweder nicht arbeiten dürfen oder keine Arbeit finden, irgendwann "krank im Kopf" zu werden, wie es einer der "Kofferträger" ausdrückte. In dieser Not erscheint manchen von ihnen das Koffertragen als letzter Ausweg. Vor Ort konnte ich darlegen, dass ich keine Flüchtlinge verurteile, sondern vielmehr Zustände, die Flüchtlinge überhaupt erst in solche Zwangslagen bringen. Der Ausweg ist nicht, sie für 1,05 Euro zu beschäftigen – das ist keine Integration, sondern bekräftigt nur ihre Ausgrenzung. Vielmehr müssen die rassistischen Sondergesetze (Asylbewerberleistungsgesetz, Arbeitsverbot, Residenzpflicht) abgeschafft werden.

Das Gute an der Geschichte: Für DIE LINKE in Schwäbisch-Gmünd war die Berichterstattung Anlass, ein Konzept für Aus- und Fortbildungsangebote für die Flüchtlinge zu entwerfen. Das ist Integration!
 

linksfraktion.de, 26. August 2013
 

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