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Rentenplus für pflegende Angehörige reicht nicht aus

Nachricht von Matthias W. Birkwald,

Besser, aber lange noch nicht gut genug. Die Bundesregierung hat zwar im vergangenen Jahr dafür gesorgt, dass die Pflegeversicherung für Menschen, die sich um schwer pflegebedürftige Angehörige mehr als zehn Stunden verteilt auf zwei Tage kümmern, Pflichtbeiträge an die gesetzliche Rentenversicherung zahlt. Die wesentliche Frage aber bleibt, ob und in welchem Umfang der Erwerbs- und der damit verbundene Einkommensausfall aufgrund einer Pflege – die meist von Frauen erbracht wird - zumindest in der Rente kompensiert wird. Die Antworten und eine Modellrechnung der Bundesregierung auf Anfrage von Matthias W. Birkwald zeigen, dass familienbedingte Ausfallzeiten nach wie vor eine wesentliche Ursache für niedrige Altersrenten sind, insbesondere von Frauen.

Eine pflegende Angehörige verliert durch den Verzicht auf Vollzeit im Osten bei einer 75 Prozent-Stelle und der Pflege in Pflegegrad 2 monatlich 23,74 Euro und bei einer Halbtagsstelle und Pflege in Pflegegrad 3 sogar 50,82 Euro monatlichen Rentenanspruch. Bei einer durchschnittlichen Rentenbezugsdauer der Frauen von 21,6 Jahren summieren sich die Verluste auf über 6.100 beziehungsweise über 13.100 Euro. Dazu kommt der Einkommensverlust vor dem Renteneintritt, der sich in 15 Jahren (ohne Lohnsteigerungen) auf 12.600 (70 Prozent) oder 21.000 Euro (50 Prozent) summiert.

Sobald die häusliche Pflege mit Sachleistungen kombiniert wird, verschärfen die Abschläge die Verluste auf circa 50 Euro beziehungsweise 90 Euro monatlich. Das gleiche gilt selbstverständlich auch für einen weiteren Verzicht auf Arbeitszeit und damit Lohn.

(Eine Modellrechung für eine pflegende Angehörige im Westen entnehmen Sie bitte der detaillierten Auswertung der Anfrage - PDF)

Dazu erklärt Matthias W. Birkwald, rentenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag:

"Viele Menschen mit Pflegebedarf möchten möglichst lange in ihrem gewohnten Umfeld bleiben. Die meist weiblichen Angehörigen, die diese aufwändige Aufgabe übernehmen, kommen dabei oft an ihre Grenzen und nehmen Einkommensverluste in Kauf. Ich fordere: Für sie darf es zumindest in der Rente nicht noch zusätzliche Einbußen geben. Auf unsere Fragen hat die Bundesregierung dazu erstmals realistische Modellrechnungen vorgelegt. Sie zeigen: Die finanziellen Einbußen von pflegenden Angehörigen sind und bleiben beträchtlich und müssen auf den Prüfstand. DIE LINKE wird dazu im Herbst eine parlamentarische Initiative starten und das Gespräch mit den Sozialverbänden suchen!

Wir LINKEN fordern zunächst, dass auch Pflegende im Pflegegrad 1 rentenrechtlich abgesichert werden und die weiteren Pflegegrade und insbesondere die Abschläge neu bewertet werden.

Das Ziel ist klar: Eine durchschnittliche Pflegebelastung und der entsprechende Erwerbsverzicht in der Rente müssen mindestens vergleichbar wie Kindererziehungszeiten anerkannt werden. Und dass unabhängig davon, ob professionelle Pflegeleistungen in Anspruch genommen werden oder nicht.

DIE LINKE fordert: Wer als Hauptpflegeperson pflegt, muss auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze Rentenansprüche erwerben können! Es darf nicht sein, dass die Rentenversicherung mit der komplizierten 99-Prozent-Teilrente als ‚Trick‘ wirbt, um auch im Rentenalter Rentensprüche erwerben zu können."