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Reise nach Israel und Palästina

Nachricht von Dagmar Enkelmann,

Vom 5. bis 12. Januar 2012 wird unter Leitung der 1. Parlamentarischen Geschäftsführerin der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag, Dagmar Enkelmann, eine Delegation der Fraktionsvorsitzendenkonferenz und der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Israel und den palästinensischen Gebieten zu Gast sein. Der Delegation gehören Bundestags- und Landtagsabgeordnete sowie Mitarbeiter der Stiftung an.

Die Delegation wird vor Ort Gespräche mit Vertretern des israelischen Parlaments und der palästinensischen Autonomiebehörde, verschiedener Parteien, zivilgesellschaftlicher Organisationen und Initiativen führen. Sie wird sich mit der Geschichte der Region - u.a. in Jerusalem, in der Westbank, in Ramallah und in Tel Aviv - beschäftigen und sich über die aktuelle politische Situation, den Stand der Friedensverhandlungen und die Konflikte, zum Beispiel um den israelischen Siedlungsbau, informieren. Dagmar Enkelmann berichtet in einem Reisetagebuch aus Israel und Palästina:

 

11. JANUAR

Die soziale Protestbewegung in Israel im vergangenen Sommer hat auch in den deutschen Medien Wellen geschlagen. Am Tag vor unserer Abreise hatten wir Gelegenheit, mit Vertretern dieser Bewegung, die aus sehr unterschiedlichen Schichten der israelischen Bevölkerung kamen, zu reden. Wenn man diese jungen Leute erlebt, ist einem nicht bange um das zivilgesellschaftliche Engagement für die Stärkung der Demokratie in Israel. Am Nachmittag stand dann ein Besuch in einem Frauenzentrum im Süden Tel Avivs auf dem Programm. Shula leitet diesen Treff in einem der sozialen Brennpunkte seit fast 20 Jahren.
Beim abendlichen Abschlussempfang der Delegation konnten wir eine Reihe von Gesprächen der letzten Tage fortgesetzten und neue Kontakte knüpfen.
Dank an die RLS-Büros in Ramallah und Tel Aviv für die tolle Vorbereitung unserer Reise! Es war eine richtige Entscheidung.
 

10. JANUAR

An unserem letzten Tag in Palästina hatten wir Gelegenheit, mit Mitgliedern der palästinensischen Delegation zu den Friedensverhandlungen sowie dem Generalsekretär der PLO, Abed Rabbo, zu sprechen. Auch wenn zum gegenwärtigen Zeitpunkt Zweifel am Erfolg der Verhandlungen in Jordanien bestehen, wurde dennoch klargestellt, dass es zu Verhandlungen keine Alternative gibt. Erwartungen gab es aber mit Blick auf die internationale Unterstützung. Dabei wurde die Idee einer Europäischen Friedenskonferenz geboren - ein Auftrag auch an uns. Über zwei Checkpoints geht es dann nach Tel Aviv, unserer letzten Station. Mit Naomi Chatzan, der Präsidentin des New Israel Fund, lernen wir eine engagierte Streiterin für Demokratie in Israel kennen. Der Chadasch-Abgeordnete Dov Khenin informiert uns über Ziele der Bewegung "A City for all". Und beim Abendessen haben wir Gelegenheit, mit weiteren, vor allem jungen Mitstreitern zu reden.
Abschluss dieses Abends war ein Delegationsmeeting, auf dem wir den Erfolg unserer Reise festgestellt und zugleich Arbeitsaufträge verteilt haben.
 

9. JANUAR

Das Bewegendste heute war ohne Zweifel der Besuch in Yad Vaschem. Die Fakten und Daten sind bekannt, in dieser Gedenkstätte des Völkermords an den Juden aber bekommen die Opfer ein Gesicht. Es sind vor allem die Berichte von Zeitzeugen und die Filmdokumente aus den Ghettos und Konzentrationslagern, die sehr nahe gehen. Wir haben dort als Delegation einen Kranz mit der Aufschrift "Nein zu Rassismus und Antisemitismus. DIE LINKE" niedergelegt.
Am Vormittag haben wir zahlreiche Gespräche mit Knessetabgeordneten verschiedener Parteien geführt und hatten eine Begegnung mit dem stellvertretenden Außenminister. Viel Übereinstimmung gab es mit Chadasch, Meretz und Kadima, mit der Siedlerpartei Jisrael Beiteinu dagegen herzlich wenig.
Dennoch war wichtig, sich die unterschiedlichen Sichtweisen anzuhören. Durch unsere vorangegangenen Termine konnten wir unsere Fragen auch sehr zugespitzt stellen, beispielsweise nach der Verantwortung Israels für die Lebensbedingungen und die Menschenrechte der Palästinenser, Möglichkeiten des Friedensprozesses, Bedingungen und vertrauensbildende Maßnahmen, aber auch Grenzen, Folgen der Intifada und terroristischer Gewaltakte von beiden Seiten.
 

8. JANUAR

Dieser Sonntag war für uns ein Tag wichtiger und interessanter Gespräche. Das Büro der Rosa Luxemburg Stiftung hat die Logistik gestellt - dafür herzlichen Dank. Die Themen waren sehr vielfältig: Sinn von Projekten der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit in einem besetzten Land und Bedingungen ihrer Realisierung, Für und Wider der Boykottkampagne gegen israelische Unternehmen, Ursachen und Folgen einer gespaltenen Linken in Palästina sowie Verhältnis der Linken Palästinas zur Linken in Israel. Nicht immer waren sich Delegation und Gesprächspartner einig, zum Beispiel in Bezug auf die Boykottkampagne und Formen des Widerstands gegen die israelische Besatzung, in einem allerdings schon: Gemeinsam wollen wir ein Ende der Besatzung und Bedingungen für ein friedliches Zusammenleben der Völker im Nahen Osten.
Am Abend gab es dann noch eine wichtige Begegnung mit dem Wasserminister der Palästinensischen Autonomiebehörde und dem Hydrogeologen Clemens Messerschmid. Dabei ist uns die katastrophale Situation in der Wasserversorgung Palästinas erst richtig bewusst geworden. Nur drei Zahlen zum täglichen Wasserverbrauch: Israel: 280 Liter, Deutschland: 120 Liter, Palästina: 54 Liter.
 

7. JANUAR

Hatten wir schon in Jerusalem einen Eindruck von Konflikten im Zusammenleben von Israelis und Palästinensern bekommen, sollten wir heute in der Westbank noch ganz andere Erfahrungen sammeln. In der so genannten C-Area, die in Oslo ausgehandelt wurde und die weite Teile der Westbank ausmacht, haben die israelischen Besatzer das Sagen. Wir haben mit Beduinen gesprochen, deren Zelte von israelischem Militär abgerissen wurden und deren Grundschule mit einer Abrissverfügung bedroht ist. Und die geteilte Altstadt von Hebron wird wohl für alle als Alptraum zurückbleiben (Foto: Delegation vor einer Straßensperre). Die Begegnung mit einer militärischen Patrouille, die mit ihren Maschinengewehren durch die belebten Gassen Macht demonstrierte, die Waffen eben auch mal auf Passanten richtete, jagt mir jetzt noch eine Gänsehaut über den Rücken.
 

6. JANUAR

Es war eine sehr politische Führung durch Jerusalem, die wir an unserem zweiten Reisetag erlebt haben. Über israelischen Siedlungsbau zu lesen, ist eben etwas anderes, als die Wohngebiete inmitten palästinensisch angestammter Besiedlungen zu sehen. Bedrückend war der Blick auf die Mauer, die um Jerusalem gezogen nicht nur Israelis und Palästinenser trennt, sondern auch Palästinenser voneinander. Tief betroffen haben wir die Armut und die katastrophalen Lebensbedingungen in den ehemaligen palästinensischen Flüchtlingslagern zur Kenntnis genommen (Foto: Palästinenser mit seiner Enkelin). Berichte darüber, zum Beispiel durch die israelisch-palästinensische Radiostation "All for peace", die wir heute ebenfalls besucht haben, sollen durch Beschneidung der Pressefreiheit unterbunden werden.
Am Abend gab es dann noch eine Diskussion über die Arbeit der beiden Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung, auch über linke Politik im und zum Nahen Osten.

5. JANUAR

Auf Beschluss der Fraktionsvorsitzendenkonferenz machten sich am 5. Januar 2012 Bundes- und Landespolitikerinnen und -politiker der LINKEN gemeinsam mit Vertretern der Rosa-Luxemburg-Stiftung auf den Weg nach Israel. Für die meisten war es die erste Reise in dieses Land. Dennoch waren wir gut vorbereitet - dank Materialien der Stiftung, des Auswärtigen Amtes, Literaturhinweisen von Wolfgang Gehrcke sowie Gesprächen mit Vertretern der Israelischen Botschaft, Journalisten und natürlich einschlägiger Reiseliteratur.

Die ersten Tage sind wir im Gästehaus Beit Shmuel in Jerusalem untergebracht, einem Zentrum für gelebten kulturvollen Umgang mit unterschiedlichen Religionen. Erster Termin war ein Briefing durch den deutschen Botschafter in Israel, Herrn Andreas Michaelis, und den Geschäftsführer des Vertretungsbüros in Ramallah, Herrn Christian Jetzlsperger, - mit interessanten Diskussionen um die Chancen des Friedensprozesses und die Rolle deutscher Politik, die Auswirkungen des völkerrechtswidrigen Siedlungsbaus, die Entwicklung der Beziehungen zu den arabischen Nachbarn und anderes mehr.