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Regierungstheater in zwei Akten

Nachricht von Paul Schäfer,

Kanzlerin und Verteidigungsminister tragen kaum zur Aufklärung bei. Der Verdacht der Unwahrheit wiegt schwer. DIE LINKE behält es sich vor, eine Gegenüberstellung von Guttenberg, Wichert und Schneiderhan zu fordern, kündigt Paul Schäfer, für DIE LINKE Obmann im Kundus-Untersuchungsausschus, nach der Beratung am 22. April 2010.

Sofort-Info Nr. 8

Die Kanzlerin bietet im Bundestag eine Regierungserklärung zum Kriegseinsatz der Bundeswehr dar, die keine Erklärung ist, da sie nicht wirklich den Sinn des Einsatzes überzeugend zu erklären vermag. Der Bundesverteidigungsminister gibt im Kundus-Untersuchungsausschuss eine gut inszenierte Vorlesungsstunde über seine Bewertungen im Zusammenhang mit der Tötung von bis zu 142 Menschen zum Besten. Nein, Erklärungen und Aufklärungen sehen anders aus - insbesondere wenn es sich um Erklärungen und Aufklärung einer Regierung handelt, die die Bundeswehr in einen Krieg schickt.

Guttenberg sah sich außerstande, frei zu reden. Er las nicht nur seine Erklärung auf Punkt und Komma ab, sondern auch viele seiner Antworten. Guttenberg wollte ganz sicher gehen, dass er nichts sagt, was seine Position gefährden könnte. Seine Schreiberlinge im Bundesverteidigungsministerium haben sich redlich Mühe gegeben. Und dennoch vermochten sie es nicht, ihren Verteidigungsminister mit rundum glaubwürdigen Argumenten auszustatten. Nach wie vor bleibt aber im Dunkeln, warum Guttenberg den Luftschlag bei Kundus am 6. November nahezu drei Wochen lang als „militärisch angemessen“ einstufte und am 26. November die Kehrtwende vornahm und den Angriff als „unangemessen“ bezeichnete.

Guttenberg argumentiert, seine erste Bewertung sei mit den Führungskräften des Bundesverteidigungsministeriums abgestimmt gewesen. Dort habe man den Luftschlag seinerzeit unter Beachtung der militärisch-operativen Zweckmäßigkeit und der damaligen Informationslage als „militärisch angemessen“ betrachtet. Und dies trotz der Kenntnis ziviler Opfer und von Oberst Klein begangener Verfahrensfehler. Der Frage, ob bei Einhaltung der militärischen Verfahrensregeln seitens Oberst Klein der Luftschlag verhindert worden wäre, wich er aus, um Oberst Klein zu schützen.

Erst später habe Guttenberg weitere Bewertungsmaßstäbe hinzugezogen, die die „Angemessenheit“ des Luftschlags in Frage stellten. Guttenberg wörtlich: „Rückblickend wäre es besser gewesen, wenn der Luftschlag nicht stattgefunden hätte. So unmittelbar war die Bedrohungslage nach heutigem Kenntnisstand nicht, um dadurch einen Luftschlag zu rechtfertigen. Nach damaligem Kenntnisstand sah dies anders aus.“ Als weitere Bewertungsmaßstäbe nannte er „rechtliche Aspekte“ sowie eine „ganzheitliche politische Betrachtung“ neben dem rein „militärisch-operativen“ Bewertungskriterium. Diese abstrakten Kriterien vermochte Guttenberg nicht zu konkretisieren. Auch der von ihm angeforderte Feldjägerbericht besaß keine so relevanten Informationen, die eine Neubewertung des Bombenangriffs zulässt, räumt Guttenberg selbst indirekt ein. Es seien eine Vielzahl von Faktoren gewesen, schwadronierte er, ohne diese zu konkret zu benennen. Auf diese Weise konnte er der LINKEN nicht glaubwürdig seine Neubewertung vermitteln. DIE LINKE geht nach wie vor davon aus, dass erst der Druck der Öffentlichkeit Guttenberg bewegt hat, eine Neubewertung von „militärisch angemessen“ zu „unangemessen“ vorzunehmen.

Seine wenig kritische Auseinandersetzung mit dem Kundus-Bombardement bewies zu Guttenberg mit den mehrfachen Hinweisen auf die Einstellung des Verfahrens gegen Oberst Klein seitens der Bundesstaatsanwaltschaft, die er begrüßte. Diese hatte Oberst Klein, ob Zufall oder nicht, genau in dieser Woche mit Verweis auf den neuen Rechtsstatus des Konfliktes in Afghanistan als „nicht-internationaler bewaffneter Konflikt“ aus der völkerstrafrechtlichen Verantwortung genommen.

Den Feldjägerbericht, den er seinerzeit als mitentscheidend für seine Neubewertung nannte, hat Guttenberg selbst als Grund ad acta gelegt. Dieser war aber Auslöser für die Entlassung des Staatssekretärs Dr. Wichert und des Generalinspekteurs Schneiderhan. Guttenberg warf ihnen seinerzeit vor, ihm diesen Bericht vorenthalten zu haben, aufgrund dessen seine Bewertung der „militärischen Angemessenheit“ auf unzureichender Informationslage beruhte. Für Guttenberg stellte das Vorenthalten dieses Berichts seitens der beiden Spitzenbeamten einen grundlegenden Vertrauensbruch dar, wie er vor dem Untersuchungsausschuss ausführte.

Die Gespräche sowie das personelle Umfeld zwischen Wichert und Schneiderhan einerseits und Guttenberg andererseits bei der Aufklärung des Feldjägerberichts offenbarten widersprüchliche Aussagen. Eine Seite sagt die Unwahrheit. DIE LINKE behält es sich vor, eine Gegenüberstellung der drei Personen im Untersuchungsausschuss zu fordern, da der Verdacht der Unwahrheit schwer wiegt.