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Regierung will Kunduz-Massaker totschweigen

Nachricht von Paul Schäfer,

Sofort-Info Nr. 13

Die Sitzung des Untersuchungsausschuss am 7. Juli fand, wie in der jüngsten Vergangenheit, erneut hinter verschlossenen Türen - also unter Ausschluss der Öffentlichkeit - statt.

Der Ausschluss der Öffentlichkeit dient den Regierungsfraktionen nicht nur der Vertuschung der Ereignisse im Umfeld des Kunduz-Massakers, sondern auch der Verheimlichung der Art und Weise, wie die Regierungsfraktionen versuchen, den Untersuchungsausschuss durch Verfahrensfragen einzuschläfern und stillschweigend zu beenden. Hierbei bedienen sich die Regierungsfraktionen der wundersamsten Argumente, wie beispielsweise dieses, die Politik müsse sich nun endlich den großen anstehenden Herausforderungen widmen. Der Kunduz-Vorfall sei Vergangenheit und für die Öffentlichkeit von geringer Relevanz. Dies ist eine erstaunliche Argumentation angesichts des Umstandes, dass der Kunduz-„Vorfall“ den schwersten und folgenreichsten Angriff einer deutschen Armee seit dem zweiten Weltkrieg darstellt. Tatsächlich geht es ihnen darum, Verteidigungsminister zu Guttenberg aus der Schusslinie zu nehmen sowie die „Moral der Truppe“ durch diese „Petitesse“ nicht zu untergraben.

Zu Guttenbergs Bewertungswandel des Luftangriffs von „angemessen“ zu „unangemessen“ wird bei zunehmender Befragung jener Zeugen, die ihn hierzu seinerzeit „beraten“ hätten, immer weniger durch objektive Bewertungskriterien gestützt: Die Zeugen sind nicht „in der Lage“, konkret zu sagen, anhand welcher Dokumente, noch anhand welcher konkreter Aussagen in den von ihnen analysierten Dokumenten sie zu der Auffassung gelangt seien, dass es Alternativen zu der Bombardierung gegeben hätte.

Es stellt sich auch heraus, dass das Gespräch zu Guttenbergs mit seinen militärischen Beratern am Abend des 30. November kein ernsthaftes militärisches Analyse-und Beratungsgespräch gewesen ist, sondern ein Meinungsaustausch ohne abschließende Feststellungen zur Frage der („Un-)angemessenheit“ des Angriffs. Es wurde zudem darauf verzichtet, so die Behauptung der Zeugen, dieses „militärische Beratungsgespräch“ schriftlich festzuhalten - ein in der Tat sehr ungewöhnliches Verfahren.

Es bleibt das große Geheimnis zu Guttenbergs, was seinen Meinungswandel verursacht hat - vielleicht Opportunismus gegenüber der damaligen öffentlichen und veröffentlichten Meinung, die das Bombardement kritisierte? Denn eines ist offensichtlich: Zu Guttenberg arbeitet daran, Liebling des Boulevard-Journalismus zu bleiben. Schließlich fühlt er sich für höhere Aufgaben berufen, und dazu benötigt er eine wohlwollende Medienberichterstattung.

Aufgrund der fortgesetzten Weigerung der Regierungsfraktionen zur Gegenüberstellung zu Guttenbergs mit dem von ihm geschassten Staatssekretär Wichert und dem ebenfalls gefeuerten Generalinspekteur Schneiderhan zwecks Aufklärung der widersprüchlichen Aussagen haben DIE LINKE und die SPD am 08. Juli eine gemeinsame Klage beim Bundesgerichtshof eingereicht, mit der die Gegenüberstellung nun juristisch erzwungen werden soll. Diese Gegenüberstellung ist aus unserer Sicht wichtig, um einerseits die Wahrheit über die Umstände des Treffens der drei Personen herauszufinden und andererseits auch die Glaubwürdigkeit und Fähigkeit des Untersuchungsausschusses zur Aufklärung aufrechtzuerhalten.

Die Oppositionsfraktionen wollen bis Ende des Jahres die Beweisaufnahme des Untersuchungsausschusses beenden. Bis dahin gilt es, noch 26 Zeugen zu vernehmen.