Der Queerempfang der Fraktion DIE LINKE im Bundestag und des Berliner Abgeordnetenhauses am 23. Juni muss – wie schon im letzten Jahr – digital stattfinden. Immer noch pandemiebedingt. Doris Achelwilm, die queerpolitische Sprecherin der Fraktion, wird am heutigen Abend im Berliner SchwuZ, den Empfang und das Gespräch mit prominenten Gästen eröffnen. Gisela Zimmer sprach mit ihr.
Gisela Zimmer: Was vermissen Sie nach fast 16 Monaten Ausschluss und Abstand am meisten?
Doris Achelwilm: Mir fehlt, was sich ja insgesamt auch politisch als Mangel zeigt: der persönliche Kontakt. Mir fehlen die gemeinsamen Aktionen oder das Sich-Treffen im öffentlichen Raum, um eben darüber auch Politik zu entwickeln. Zwar haben viele immer wieder kreative Lösungen gefunden, um mit der Situation umzugehen. Dafür gilt vor allem den ehrenamtlich oder unbezahlt Ausharrenden mein tiefer Respekt. Das alles aus eigener Kraft und ohne Finanzierung zu stemmen, war und ist eine heftige Herausforderung. Ich freue mich sehr auf die Zeit, in der alle wieder richtig zusammenkommen und mit Perspektive planen können. Es gibt viel aufzuräumen und nachzuholen.
Ein wenig Geduld müssen wir da wahrscheinlich alle noch haben. Der Queerempfang 2021 ist für die meisten erneut nur digital erlebbar. Das Berliner SchwuZ , in dem er stattfindet, ist bundesweit der wahrscheinlich größte queere Club. Allen Clubs steht das Wasser bis zum Halse nach dieser langen Schließzeit. Trifft es queere Freiräume eigentlich heftiger?
Zunächst sind sie betroffen wie andere Clubs und Kneipen auch. Durch die Bank waren sie die ersten, die dichtmachen mussten, und sind mit die Letzten, die aus den Einschränkungen wieder rauskommen. Besonders ist, dass diese queeren Freiräume historisch unter oft erschwerten Bedingungen entstanden. Oft gegen gesellschaftliche Widerstände, auch politisch haben sie bis heute nicht immer Rückhalt erfahren. Es wird auch zu wenig anerkannt, dass es hier um Räume geht, die geschützte Freiräume ohne die üblichen Diskriminierungen, Leerstellen und Einschränkungen sind. Orte, wo jede*r sich anders ausleben und aufeinander beziehen kann. Das betrifft auch Jobs und Beschäftigungsverhältnisse, die in dieser Nische entstanden und jetzt bedroht sind – ein breites Spektrum an Soloselbständigen, Künstler*innen, Servicekräften, Veranstalter*innen oder auch Berufstätige in der Beratung. Diese wirtschaftlichen und sozialen Strukturen entstanden aus bestimmten Notwendigkeiten, Fähigkeiten und Bedürfnissen heraus, die relevant sind und verteidigt gehören. Hier was zu verlieren, wäre dramatisch.