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Private Krankenversicherung abschaffen – bessere, gerechtere, effizientere Versorgung

Im Wortlaut von Harald Weinberg,

Von Harald Weinberg, Gesundheitspolitischer Sprecher Fraktion DIE LINKE im Bundestag

  Am 25. März 2015 fand eine Anhörung des Gesundheitsausschusses statt. Behandelt wurden unter anderem das „Versorgungsstärkungsgesetz“, kurz VSG, unser Antrag „Wohnortnahe Gesundheitsversorgung durch bedarfsorientierte Planung sichern“ und – last but not least – unser Antrag „Private Krankenversicherung als Vollversicherung abschaffen – Hochwertige und effiziente Versorgung für alle“.

Wir haben unseren Antrag zur Abschaffung der privaten Krankenversicherung diesem Gesetz der Bundesregierung beigefügt, weil wir der Ansicht sind: Wer die Versorgung der Bevölkerung verbessern und die Ziele des Gesetzentwurfs der Bundesregierung ernsthaft erreichen will, der muss auch ran an die private Krankenversicherung und diese abschaffen. Denn nur so kann die Zwei-Klassen-Medizin überwunden werden. Diese Auffassung wurde bei der Anhörung bestätigt.   Gesetzlich Versicherte warten 20 Tage länger   Ein Ziel zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens war, die Ungerechtigkeit der unterschiedlichen Wartezeiten von gesetzlich und privat Versicherten auf einen Arzttermin zu beseitigen. Herausgekommen sind die Terminservicestellen. An diese sollen sich gesetzlich Versicherte wenden können und dann innerhalb von vier Wochen einen Arzttermin in irgendeiner dann zugewiesenen Arztpraxis erhalten. Wenn nicht, darf ein Krankenhaus auf Kosten der Kassenärzte behandeln. Eine nette Idee, die aber größtenteils unwirksam ist. Denn privat Versicherte haben in aller Regel spätestens nach ein paar Tagen einen Termin und diesen auch in der Arztpraxis, in die sie möchten. Der Experte Prof. Dr. Stefan Greß, ein Gesundheitsökonom, bestätigte dies: Derzeit warten gesetzlich Versicherte insbesondere beim Facharzt 10 bis 20 Tage länger als privat Versicherte. Der Grund liegt in den unterschiedlichen ökonomischen Anreizen der Vergütungssysteme, also zwischen gesetzlicher und privater Vergütung. Auch ein Arzt verdient lieber mehr als weniger Geld für die gleiche Leistung. Die Regelungen im VSG zu den Terminservicestellen seien deshalb „weiße Salbe“. Sie bringen nichts, schaden nichts, nützen nichts, solange die Rahmenbedingungen nicht geändert werden. Prof. Dr. Greß fordert eine Angleichung der Vergütungssysteme. Am ehesten ginge das, wenn man die Privatversicherung abschafft und eine solidarische Bürgerinnen- und Bürgerversicherung einführt.   Ein weiteres zentrales Anliegen des Gesetzes ist eine bessere regionale Verteilung der Ärztinnen und Ärzte. Aber auch hier verhindert die Existenz der Privatversicherung das Erreichen des Ziels. Denn die Frage, wie viele privat Versicherte in der Nähe wohnen, ist entscheidend für die Niederlassungsfreudigkeit der Ärztinnen und Ärzte dort. Prof. Dr. Greß führte aus, dass dies mittlerweile ausreichend untersucht ist. Ein Prozent mehr Privatversicherte bedeutet zwei bis drei Fachärzte mehr pro 100.000 Einwohner. Da macht es einen großen Unterschied, ob in einem Landkreis 20 Prozent oder drei Prozent privat Versicherte wohnen. Die beste Lösung wäre auch hier die Abschaffung der Privatversicherung. Die gegenwärtigen Planungen des Gesetzentwurfs, Praxen in überversorgten Gebieten möglicherweise nicht nach besetzen zu lassen, bringen demgegenüber fast nichts.   Solidarische Gesundheitsversorgung auf den Weg bringen   Prof. Dr. Rainer Richter von der Bundespsychotherapeutenkammer brachte noch einen anderen Aspekt ein. Ihm zufolge haben privat Versicherte im Bereich Psychotherapie große Nachteile gegenüber gesetzlich Versicherten. Er schätzt aus Erfahrungen der Psychotherapeutinnen und -therapeuten, dass 80 bis 90 Prozent der privat Versicherten hier schlechter versichert sind als gesetzlich Versicherte. Dazu kommt, dass Menschen mit einer aktuellen oder früheren psychischen Krankheit von den Privatversicherungen ohnehin nicht aufgenommen werden oder nur mit entsprechendem Leistungsausschluss.   Schließlich betonte Prof. Dr. Greß noch, dass die Abschaffung der privaten Krankenversicherung nicht nur gerechter wäre und zu einer besseren Versorgung führte, sondern das Gesundheitssystem auch effizienter machen würde. Die Privatversicherungen haben selbst kein wirksames Instrument, das dafür sorgt, dass das viele Geld auch für sinnvolle Leistungen ausgegeben wird. Da wo es das gibt, ist es von der gesetzlichen Krankenversicherung entwickelt worden, wie bei der integrierten Versorgung oder bei der frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln.
Die Auffassung der LINKEN, dass die private Krankenversicherung ungerecht ist und keineswegs eine bessere Versorgung bietet, wurde damit voll bestätigt. Es muss endlich eine solidarische Gesundheitsversicherung auf den Weg gebracht werden.
linksfraktion.de, 27. März 2015