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Premiere: Norbert Lammert zu Gast bei der Fraktion DIE LINKE

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Von Rainer Brandt

 

Prof. Dr. Norbert Lammert (CDU) genießt als Präsident des Deutschen Bundestages hohes Ansehen – was auf das „Hohe Haus“ selbst nicht unbedingt zutrifft, wie Roger Willemsen in seinem gleichnamigen Buch eindrucksvoll beschreibt. Darauf kam auch Norbert Lammert bei seiner gestrigen Premiere im Clara-Zetkin-Saal ohne Umschweife zu sprechen. Erstmals war er Gast einer Fraktionssitzung der LINKEN. Seine Vorstellungen, die er dort präsentierte, reichten von einer Änderung des Wahlrechts über eine Komprimierung gelegentlich nicht enden wollender Plenardebatten bis hin zur Aufwertung des Parlamentes, wenn es um die Kontrolle der Bundesregierung geht. Wohl bemerkt: Vorstellungen, denn um wirklich grundsätzlich etwas zu ändern, zum Beispiel an der Geschäftsordnung, bedarf es der Zustimmung auch anderer Fraktionen, zumindest einer klaren Mehrheit im Bundestag.

Bei der Linksfraktion rannte Norbert Lammert damit offene Türen ein – allemal in Zeiten einer übergroßen Koalition, in denen die Opposition nur gebremst zur Entfaltung kommt. So geraten Plenardebatten regelmäßig zu Langweilern. Die Redezeiten entsprechen der jeweiligen Fraktionsstärke. Ergo dürfen die Abgeordneten der SPD lange reden, die der CDU/CSU noch länger, während der LINKEN und den Grünen nur Miniauftritte zu stehen. Ergo kommt es immer wieder zum selben Trauerspiel. Bei einer einstündigen Debatte wechseln 20 Minuten Widerworte zwischen Koalition und Opposition, dann ist Schluss. In den verbleibenden 40 Minuten loben die Unions-Abgeordneten ihre Partner in der SPD, diese preisen ihre Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU und allesamt ihre prima Regierung. 
Auch beim Wahlrecht hatte DIE LINKE eigene Vorschläge in petto. Einige davon beschreibt Halina Wawzyniak in ihrem Buch mit dem Arbeitstitel „Demokratisierung der Demokratie“, das demnächst im VSA-Verlag erscheint.


Im Grundsatz gab es viel Übereinstimmung zwischen Norbert Lammert und der Fraktion DIE LINKE, auch launige Anmerkungen erheiterten, nur bei einem Thema nicht. Im Herbst 2014 hatte der Bundestag dem Fall der Mauer vor 25 Jahren gedacht. Der Liedermacher Wolf Biermann war gebeten worden, den Festakt kulturell zu begleiten. Doch ehe er zur Klampfe griff, beschimpfte er DIE LINKE als „Drachenbrut“, beleidigte hernach noch eine linke Abgeordnete persönlich und wurde für all das von der Kanzlerin und dem Vizekanzler im Plenum vor laufenden Kameras herzlich bedankt. Mit der viel beschworenen Würde des hohen Hauses hatte dies bestimmt nichts zu tun, wurde dem Bundestagspräsidenten bedeutet, der seinerzeit den missratenen Festakt geleitet hatte. „Die Einladung von Wolf Biermann geht auf meine Kappe, nur auf meine“, räumte Norbert Lammert ein. Dafür, was andere daraus machen, tragen allerdings diese die Verantwortung, also auch Angela Merkel und Sigmar Gabriel.

linksfraktion.de, 4. Februar 2015