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PKW-Maut – eine bajuwarische Schnapsidee

Im Wortlaut von Herbert Behrens,

Von Herbert Behrens, Obmann für die Fraktion DIE LINKE im Ausschuss des Bundestags für Verkehr und digitale Infrastruktur




Wie ein Mantra trägt der Verkehrsminister die Aussage vor sich her, die CDU/CSU-SPD- Koalition werde eine EU-rechtskonforme PKW-Maut einführen. Sie solle ausschließlich ausländische Autofahrer (das sind ebenfalls EU-Bürger, sofern sie nicht deutsche Staatsbürger sind) treffen. Jetzt verkündete Verkehrsminister Dobrindt mal wieder vor allem eines: nichts Neues. Es solle eine Vignette werden. So weit wagte sich Dobrindt dann doch schon vor.

Das Verkehrsministerium ist um die Aufgabe nicht zu beneiden, die ihm die CSU im Bundestagswahlkampf eingebrockt hat. Die CSU profilierte sich mit einer Ausländermaut. Nichtdeutsche Autobesitzer sollen für die Benutzung deutscher Autobahnen zahlen. Wer rechts überholt, verstößt nicht nur gegen die Straßenverkehrsordnung. Er offenbart eine erschreckende politische Unkultur und Nähe zum Rassismus. Das führt direkt in eine gesellschaftliche Sackgasse.

Aus dem Dilemma, sowohl gegen EU-Recht zu verstoßen als auch ein Mautsystem zu etablieren, deren Erhebungskosten die Nettoeinnahmen übersteigt, wird kein Entrinnen sein.

Haushaltsrechtlich wäre ein Minusgeschäft wahrscheinlich noch zulässig, soweit mit der Maut eine ökologische Lenkungswirkung einherginge. Aber genau diese würde eine Vignettenlösung kaum entfalten. Es lohnt sich schlicht nicht, weniger mit dem Auto zu fahren. Auch nicht für die AutofahrerInnen aus dem Ausland, die zur Kasse gebeten werden sollen. Eine Vignette ist immer eine Flatrate, das heißt man erwirbt sich durch die Zahlung eines festen Betrages das Recht, innerhalb eines bestimmten Zeitraumes unbeschränkt Emissionen in die Umwelt entlassen zu dürfen. Und der oft zitierte Begriff "Ökorabatt" für Sprit sparende Modelle ist purer Etikettenschwindel. Denn solange sich die Maut für inländische Fahrzeughalter, das sind 95 Prozent aller Straßennutzer, nicht im Geldbeutel bemerkbar macht, ist der finanzielle Anreiz zur Anschaffung verbrauchsarmer PKW gleich null. An den viel zu hohen Gesamtemissionen des Straßenverkehrs wird die bajuwarische Schnapsidee nichts ändern.

Vielmehr soll ohne öffentlichen Widerspruch der Einstieg in die private Nutzerfinanzierung der Straßeninfrastruktur geschafft werden – dies wird durch die immer lautstärker geäußerte Sympathie für eine EU-weite PKW-Maut offenkundig. Am Ende werden alle Autofahrinnen und Autofahrer belastet, was Menschen mit kleinem Geldbeutel stärker trifft als Gutverdienende. Dies gilt auch für ökologisch sinnvolle Mautkonzepte, wie zum Beispiel fahrleistungsabhängige Modelle. Denn diese treffen vor allem Pendler im ländlichen Raum, die mangels ausreichenden ÖPNV-Angebots auf ihr Auto angewiesen sind. Wie man es dreht und wendet: Eine PKW-Maut kann nie ökologisch und sozial ausgewogen zugleich sein. Das haben wir mit unserem Antrag klargestellt und dem Verkehrsminister dabei die eigene Borniertheit vor Augen geführt. Er lenkt mit seiner Mautdebatte von der zentralen Frage ab, wie Mobilität angesichts des Klimawandels zukünftig organisiert werden muss. Er kommt über dumpfes "Weiter so" nicht hinaus, das lediglich – wenn überhaupt – ein paar Millionen mehr einbringen wird.

Die Finanzierungsfrage darf freilich nicht vernachlässigt werden, aber selbst hier versagt das CSU-Ministerium völlig. Derzeit droht ein zweites Mautdesaster, nämlich das um die LKW-Maut. Anstelle hier endlich die einzig verbliebene Option zu ziehen und den Maut-Betreiber Toll Collect zumindest vorübergehend in staatliche Hand zu übernehmen, wartet man in Seelenruhe ab – es fragt sich nur auf was? Das Verkehrsministerium steht in einem Stau, den es selbst produziert hat. Es wird Zeit, ihn aufzulösen.

linksfraktion.de, 11. Juni 2014