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Ein Pfleger schiebt in einem Krankenhaus einen Patienten im Rollstuhl durch einen Flur mit einem Schild Notaufnahme an der Wand © iStock/upixa

Pflegende haben mehr verdient als heiße Luft

Im Wortlaut von Pia Zimmermann,

Traumberuf Pflege – das war es für viele, die einst den Beruf voller Begeisterung ergriffen haben und deren Herz auch heute noch dafür schlägt. Doch nicht erst die Corona-Krise stellt diese Leidenschaft auf eine harte Probe.

„Von Jahr zu Jahr wird die Situation in der Pflege immer schlimmer. Ich musste damals in der Ausbildung schon im Nachtdienst einspringen, zusammen mit einer Praktikantin die erst einen Tag da war. Wir waren verantwortlich für 40 stark demente Bewohner ohne eine Fachkraft. Später im ambulanten Pflegedienst musste ich jedes Wochenende arbeiten, weil sie kein Personal hatten und wehe man wurde krank. Von mir wurde verlangt, dass ich ein Wochenende doppelte Schicht fahre mit 40 Fieber.“

Janine K.*, Pflegefachperson Altenpflege

„Ich habe am Freitag meinen Job als Qualitätsbeauftragte in der stationären Pflege gekündigt. Pflege macht keinen Sinn mehr; für Mitarbeiter und Bewohner ist zwischen Profitgeilheit kein Platz mehr. Und das macht für mich keinen Sinn mehr. (…) Ich kann nicht verstehen, dass sich große Konzerne die Taschen vollstopfen, während die Mitarbeiter und die Bewohner leiden.“

Anne M.*, Pflegefachperson Altenpflege

Das sind nur zwei von vielen Berichten, die mich erreicht haben, in denen Pflegekräfte aus der Alten- und Krankenpflege schildern, warum sie den Beruf verlassen haben oder sehr konkret drüber nachdenken, den Beruf zu verlassen – einen Beruf, den sie alle sehr bewusst gewählt haben.

Aber die Situation in Pflegeheimen, Kliniken und der ambulanten Pflege lässt es nicht mehr zu, dass sie den Beruf so ausüben können, wie sie ihn gelernt haben. Hetze und Überlastung als Folgen des Systems machen krank und die Zeche zahlen alle: Menschen mit Pflegebedarf, können nicht so versorgt werden, wie sie es brauchen und wie es gute Pflege vorsieht. Patient*innen haben kaum Zeit zur Genesung, weil sie aus Renditeabsichten zu früh aus den Kliniken entlassen werden. Und pflegende Angehörige stopfen jeden Tag als größte Gruppe der Pflegenden die vielen Mängel im deutschen Pflegesystem.

Hinzu kommen geringe Löhne für die beruflich Pflegenden, vor allem in der Altenpflege, beziehungsweise überhaupt keine nennenswerte finanzielle Absicherung für die Pflege von Angehörigen oder Freund*innen. Pflegekräfte und pflegende Angehörige waren schon vor der globalen Gesundheitskrise überlastet. Der Pflegenotstand begleitet uns mittlerweile seit Jahrzehnten und ist das Resultat einer gewinnorientierten Pflegepolitik. Doch die Pandemie hat diese Überlastung unerträglich gemacht. Außerdem hat sie den Pflegekräften die Geringschätzung ihrer Arbeit durch die politisch Verantwortlichen noch einmal deutlich vor Augen geführt.

Obwohl diese Gesundheitskrise das Pflegesystem und alle davon Betroffenen direkter und schwerer getroffen hat als die meisten anderen Bereiche, gab und gibt es kaum Anerkennung für diejenigen, die den Laden am Laufen halten. Die Pflege-Boni, die bei weitem nicht alle bekommen haben, mussten hart erkämpft werden. Pflegende Angehörige wurden nur zum Teil und nur durch deutlichen Druck als prioritär zu impfende Personen eingestuft. Sogar der Applaus vom Balkon ist seit Monaten verstummt. Der letzte mickrige Lavendel wurde vor langer Zeit für Pflegende gepflanzt. Und obwohl sogar der Pflegebeauftragte der Bundesregierung vor einem drohenden massenhaften Pflexit warnt, kommt von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn nur Pfeifen im Walde und die neuen Pläne aus dem Hause Spahn kündigen sogar noch Verschlechterungen an.

Alle Pflegenden haben mehr verdient als heiße Luft. Dabei liegen für alle Pflegenden gute Konzepte auf dem Tisch: Entlastungsbudget und Rentenplus für pflegende Angehörige, höhere Löhne und tarifgebundene Arbeitsbedingungen, Schließung der Gehaltslücke und verbindliche Personalschlüssel in der beruflichen Pflege. Das alles lässt sich mit der Solidarischen Gesundheits- und Pflegeversicherung solide finanzieren.

*Es handelt sich um ein Pseudonym. Der richtige und volle Name ist der Redaktion bekannt.


Erfahren Sie hier mehr über das Konzept der Fraktion DIE LINKE für eine Solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung.