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Nuklearabkommen mit Iran: Das, was folgen muss.

Kolumne von Jan van Aken,

 

Von Jan van Aken, außenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

 

Ein über zehnjähriges Ziehen und Zerren scheint seinen Abschluss gefunden zu haben. Vergangene Woche, am 14. Juli, haben Iran und die so genannten 5+1 in Wien ein Abkommen zur Lösung des Konflikts um das iranische Nuklearabkommen geschlossen. Das ist erst einmal eine große Erleichterung. Nachdem im Jahr 2003 bekannt wurde, dass Iran ein umfangreiches Atomprogramm betreibt, stand immer wieder drohend ein Militärschlag auf das Land im Raum. Sei es durch die USA, sei es durch Israel. In Zeitungen wie der Süddeutschen fanden sich schon Karten mit Angriffsrouten und –zielen. Die Konsequenzen eines Militärschlages wären dramatisch gewesen. Für die iranische Zivilbevölkerung wie die gesamte, ohnehin so instabile Region.

Dass es nun ein Abkommen gibt, ist angesichts dessen, was drohte, zu begrüßen. Allerdings ist die Übereinkunft nur der erste Schritt. Sowohl im Iran als auch in den USA müssen die Parlamente nun zustimmen. Im US-Kongress formiert sich bereits der (maßgeblich republikanische) Widerstand und es ist von einer Ablehnung auszugehen, was Obama zwingt, sein Veto einzulegen. Das wäre ein mehr als nur holpernder Start für ein Abkommen, dass in Teilen 25 Jahre laufen soll. Insbesondere wenn man bedenkt, dass im kommenden Jahr durchaus einer der Republikaner die Präsidentschaftswahl gewinnen könnte, der heute die Übereinkunft lauthals ablehnt. Die Zustimmung ist das eine. Die Umsetzung des Abkommens ist das andere. Nur wenn sich alle Beteiligten strikt daran halten, kann es funktionieren. Aber bei einer Laufzeit von 25 Jahren wird die Versuchung groß sein, Spielräume auszureizen und/oder echte oder vermeintliche Vertragsbrüche für andere Zwecke zu instrumentalisieren. Man darf dabei nicht vergessen, in welcher Feindschaft die USA und Iran nun schon über Jahrzehnte verbunden sind. Und dass sie bei den meisten Konflikten im Mittleren Osten auf der jeweils anderen Seite stehen. Der zweite Schritt ist daher, die Übereinkunft in gutem Willen umzusetzen und es in der Zukunft nicht für andere Zwecke zu instrumentalisieren. 

Zwei Dinge sind mir aber besonders wichtig. Erstens: Das wir nicht die falschen Schlüsse ziehen, wie das Abkommen zustande gekommen ist. Die Sanktionspolitik gegenüber Iran war falsch. Und sie bleibt falsch. Und vor allem: Sie hat nicht funktioniert. Schon unter Ahmadinejad waren Sanktionen in Kraft. Der Konflikt wurde so nicht gelöst. Sondern durch die Gesprächs- und Kompromissbereitschaft der letzten Zeit. Das lässt sich zum Beispiel an der zentralen Frage der Urananreicherung festmachen. Für Jahre haben die USA Iran das Recht darauf verweigern wollen, nun gesteht Washington die Anreicherung zu. Im Gegenzug akzeptiert Teheran eine beschränkte Anreicherungskapazität. Ein klassischer Kompromiss. Und einer, bei dem die USA eine Grundsatzposition aufgegeben haben. Und ich erinnere mich nicht, dass irgendjemand die USA mit Sanktionen dazu gezwungen hätte.

Und der zweite wichtige Punkt: Deutsche Iran-Politik darf jetzt nicht zu reiner Außenhandelspolitik werden. Die Tinte unter dem Abkommen war noch nicht trocken (und kein Parlament hatte zugestimmt), da saß Wirtschaftsminister Gabriel schon im Flieger, um in Teheran Geschäfte anzubahnen. Bei aller Erleichterung über das Abkommen: Eine iranische Kehrtwende bei der Menschenrechtspolitik ist notwendig und überfällig. Hierzu einen Beitrag zu leisten, sollte die erste Priorität der Politik der Bundesregierung sein. Dass es ausgerechnet der Bundeswirtschaftsminister war, der als erster deutscher Politiker nach Teheran reiste, lässt befürchten, dass sie es nicht ist.

linksfraktion.de, 21. Juli 2015