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Nicht nur Schwarz-Gelb ist eine Gefahr

Interview der Woche von Oskar Lafontaine,

Alle haben gehofft, dass von diesem Parteitag ein Signal der Geschlossenheit ausgehen wird. Wurde das Maß an Geschlossenheit, das Du Dir als Partei- und Fraktionsvorsitzender gewünscht hast, erreicht?

In jedem Fall. Alle diejenigen, die gehofft hatten, DIE LINKE würde sich zerlegen, sind enttäuscht. Die Delegierten haben gewusst, dass es jetzt darum geht, die Bundestagswahl zu gewinnen. Sie haben entsprechend entschieden und das Programm mit großer Geschlossenheit verabschiedet. Im Vorfeld des Parteitages wurde versucht, künstlich eine Spaltung herbei zu reden.

Wie bewertest Du den Beitrag, den die Bundestagsfraktion in den letzten Jahren und insbesondere in den letzten Monaten nach dem Essener Parteitag geleistet hat, um diese Geschlossenheit zu erreichen?

Ich glaube, dass die Fraktion einen ganz wichtigen Beitrag leistet, was nicht zuletzt daran liegt, das es beim Bundestagswahlprogramm um die Bundespolitik geht. Und hier ist die Bundestagsfraktion nun einmal die Vorhut der Bewegung. Wir arbeiten in der Fraktion sehr gut zusammen. Und das wirkt sich dann auch auf einen Parteitag aus. Viele Vorschläge, die nun in unserem Wahlprogramm stehen, sind ja Vorschläge, die aus der Bundestagsfraktion heraus entwickelt wurden.

Es fiel auf, dass Gregor Gysi und Du nicht ausschließlich über die Große Koalition gesprochen habt, sondern ihr habt auch noch einmal hervorgehoben, was bereits unter Rot-Grün geschehen ist. Macht DIE LINKE eine Gesamtrechnung der Regierungsarbeit seit 1998 auf?

Ja, das ist sehr wichtig. Gerade jetzt in der Finanzkrise müssen wir in der Auseinandersetzung mit den anderen Parteien auch sagen: Nicht nur Schwarz-Gelb ist eine Gefahr, sondern auch Rot-Grün hat den Teppich für die Finanzhaie ausgerollt, in dem sie die Hedgefonds zugelassen haben, die Zweckgesellschaften, den Handel mit Giftpapieren und die Steueroasen. Und das muss man natürlich im fairen Wettbewerb den Sozialdemokraten und den Grünen vorhalten.

Wie wird Deiner Meinung nach die Bevölkerung das in Berlin beschlossene Programm aufnehmen?

Sie wird über unsere Politik diskutieren. Wir fordern: Bundeswehr raus aus Afghanistan! Das ist eine klare Position. Die anderen haben diese Position nicht. Wir sind die Antikriegspartei. Bei Hartz IV und Mindestlohn wissen die Menschen, dass DIE LINKE für Zahlen steht, die von den Betroffenen mit großer Mehrheit gebilligt werden. Ich nehme einmal den Mindestlohn von 10 Euro die Stunde. In Luxemburg gelten bereits 9,49 Euro. Wir fordern für die nächste Legislaturperiode gerade einmal 5 Prozent mehr. Unser Argument ist: Warum sollte es nicht auch bei uns Mindestlöhne geben wie in Frankreich und Luxemburg?

Oder nehmen wir den Hartz-IV-Satz. Jeder, der über Hartz IV spricht, muss sich selbst einmal fragen, ob er mit 351 Euro leben könnte. Der kommt dann schnell dazu, dass das völlig unzureichend ist. Auch die Kinderarmut findet ihre Begründung in Hartz IV. Und wenn wir für die nächste Legislaturperiode einen Satz von 500 Euro fordern, dann ist das für Betroffene, aber auch für Arbeitnehmer, die darüber nachdenken, dass sie eventuell nach einem Jahr Arbeitslosigkeit selbst betroffen sein könnten, eine sehr wichtige Forderung.