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Musterfeststellung: Klagerecht mit vielen Mängeln

Im Wortlaut von Amira Mohamed Ali,

Von Amira Mohamed Ali, verbraucherpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag


Seit dem 1. November können Verbraucherverbände eine Musterfeststellungsklage bei Gericht einreichen. Die Bundesministerin für Justiz und Verbraucherschutz, Katarina Barley (SPD) verspricht, dass Verbraucherinnen und Verbraucher mit dem neuen Rechtsmittel der Musterfeststellungsklage schneller, bequemer und kostengünstiger Entschädigung erhalten könnten als etwa mit einer Sammelklage. Ziel sei, dass Geschädigte selbst keinem finanziellen Risiko ausgesetzt sind. In Bezug auf die beim Oberlandesgericht Braunschweig eingereichte Klage gegen den VW-Konzern, sagte Barley sogar im Deutschlandfunk, "die Klage sei der beste Weg für Dieselfahrer, zu ihrem Recht zu kommen".

Kompliziert und verbraucherunfreundlich

Die LINKE hat der Musterfeststellungsklage in ihrer jetzigen Form nicht zugestimmt, denn der Verfahrensablauf ist viel zu kompliziert. Wir haben die Bundesregierung dazu aufgefordert, das Gesetz im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher zu überarbeiten, und wir haben einen entsprechenden Antrag (PDF) eingebracht. Doch die Bundesregierung hat ihr Gesetz für die Musterfeststellungsklage so schnell wie möglich zur Abstimmung im Bundestag gebracht, ohne dringend notwendige Verbesserungen vorzunehmen.

Hier wird wieder einmal das verbraucherunfreundliche Kalkül der Bundesregierung klar. Das neue Rechtsinstrument macht es den Verbraucherinnen und Verbrauchern unnötig schwer, ihre Klage erfolgreich einzureichen und konkrete Entschädigung zu bekommen.

Gerichte werden nicht entlastet

Mit der neuen Klageart können Verbraucher mittels Verbraucherverbänden in einem Musterprozess Entschädigungsgründe für viele betroffene Verbraucher gegenüber einem Unternehmer feststellen lassen. Einzelkonsumenten bekommen hiermit noch keine Entschädigung, denn auf Zahlung muss noch individuell vor Gericht geklagt werden. Das heißt, ab dann ist wieder jeder für sich. Das ist kein effektiver Rechtsschutz – die Gerichte erwartet alleine schon im Fall VW eine Flut von Leistungsklagen. Dies ist ein unzumutbar hoher Aufwand! Die Bundesregierung versprach aber eine Entlastung der Gerichte.

Und: Einfache Formfehler können zur Unwirksamkeit der ganzen Klage führen. Auch die Fristen für die Beteiligung an der Klage sind zu kurz, weil ab dem ersten Tag der mündlichen Verhandlung dem Verfahren nicht mehr beigetreten werden kann. Das ist aus Sicht der LINKEN nicht akzeptabel. Viele Betroffene erfahren erst durch die Presse im Laufe des Verfahrens davon, sind dann jedoch von der Teilnahme ausgeschlossen.

Bei der Klage gegen VW wünsche ich den Verbraucherverbänden viel Erfolg. Ich hoffe, dass sie es schaffen trotz der unnötigen Risiken und Hürden einen Sieg für die Verbraucherinnen und Verbraucher vor Gericht zu erstreiten.